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13Einführung
Die geistigen Strömungen des Humanismus, des Barock und der Aufklärung, wel-
che in diesem Band ihre gebührende Würdigung finden sollen, werden in ihrem
Vordringen aus den italienischen Gebieten nach Österreich durch diese dynasti-
schen Beziehungen maßgeblich gefördert und verwurzeln sich nachhaltig durch die
mehr oder weniger lange Zuwanderung italienischer Literaten in die Kulturzentren,
allen voran Wien. Deren Aktivitäten in den habsburgischen Gebieten sind in der
Forschung unzulänglich und unsystematisch dokumentiert,6 weil ihre Produktion in
einem fremden Land für fremde Herrscher mit den Vorstellungen von einer Natio-
nalliteratur, wie sie das 19. Jahrhundert entwirft, unvereinbar sind. Sie finden in der
österreichischen Literatur keine Berücksichtigung, weil die Werke nicht in der Lan-
dessprache abgefasst sind, und sie tauchen kaum in den italienischen Darstellungen
auf, weil sie keinen Beitrag zur nationalen Tradition leisten.
Der Humanismus, der von Francesco Petrarca um die Mitte des 14. Jahrhunderts in
Norditalien begründet wird, dringt nur mit geringer Verspätung in die österreichi-
schen Länder vor, wie das eine vermutlich in Tirol entstandene Teilübersetzung des
moralphilosophischen Monumentalwerks De remediis utriusque fortunae bezeugt. Im
Œuvre Petrarcas, das dank der persönlichen Kontakte des Autors mit dem kaiserli-
chen Hof in Prag das Interesse führender Kreise nördlich der Alpen auslöst, finden
sich die konstitutiven Elemente des Humanismus, der die intellektuellen Strukturen
des Mittelalters im Laufe des 15. Jahrhunderts hinter sich lassen und eine deutliche
geistesgeschichtliche Wende einleiten wird:
a) Die Kritik an der atomisierenden Naturwissenschaft und an den an Logik orien-
tierten Spekulationen der Scholastik und das zunehmende Interesse für die aus
menschlichen Leistungen gewonnene Erfahrung machen die bis dahin vernach-
lässigte Historie zur magistra vitae und in der Folge zu einer Leitdisziplin des
Wissenschaftsbetriebes.
6 Vgl. Markus Landau: Die italienische Literatur am österreichischen Hof. Wien 1879. – Umberto De Bin:
Leopoldo I imperatore e la sua corte nella letteratura italiana. Triest 1910. – Elisabetta Carlotta Salzer: Tea-
tro italiano in Vienna barocca. In: Rivista italiana del Dramma II.2 (1938), S. 47–70; Commediografi italiani
a Vienna. In: Rivista italiana del Dramma II.2 (1938), S. 269–296; Il teatro allegorico italiano a Vienna. In:
Rivista italiana del Dramma III.1 (1939), S. 65–84; Epoca aurea del teatro italiano a Vienna. In: Rivista ita-
liana del Dramma III.1 (1939), S. 161–187; Le grandi rappresentazioni del teatro italiano a Vienna barocca.
In: Rivista italiana del Dramma III.2 (1939), S. 155–190. – Franz Hadamovsky: Barocktheater am Wiener
Kaiserhof. Mit einem Spielplan (1625–1740). (Jahrbuch der Gesellschaft für Wiener Theaterforschung
Nr. 7, 1951–52) Wien 1955, S. 7–117. – Herbert Seifert: Die Oper am Wiener Kaiserhof im 17. Jahr-
hundert. Tutzing 1985. – Erika Kanduth: Italienische Dichtung am Wiener Hof im 17. Jahrhundert. In:
Alberto Martino (Hg.): Beiträge zur Aufnahme der italienischen und spanischen Literatur in Deutschland
im 16. und 17. Jahrhundert. Amsterdam 1990, S. 171–207. – Otto G. Schindler: Mio compadre Imperatore.
Comici dell’arte an den Höfen der Habsburger. In: Maske und Kothurn 2–4, Jg. 38 (1997), S. 25–154.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549