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17Einführung
In Österreich führt die von den Auseinandersetzungen des 30jährigen Krieges we-
sentlich beschleunigte katholische Gegenreformation zu einem vermehrten Auftre-
ten der italienischen Bettel- und Predigerorden sowie einer stärkeren Präsenz des
hier ebenfalls von Italienern dominierten Jesuitenordens. Prominente Vertreter
die
ser Ordensgemeinschaften wie Marco d’Aviano engagieren sich in den österrei-
chischen Ländern sogar in den politischen und militärischen Konflikten ihrer Zeit.
Bereits ab der Herrschaft von Ferdinand II. betreiben diese Reformorden eine of-
fensive Volksmission, die geeignete Praktiken der Religiosität aus Italien übernimmt
und an lokale Verhältnisse anzupassen versteht. Dazu zählt vor allem die sich in ita-
lienischem Original sowie in italienischen und deutschen Übersetzungen spanischer
und französischer Werke verbreitende Andachtsliteratur für Laien. Sowohl von den
kirchlichen als auch von den politischen Autoritäten gefördert, erleben diese kontem-
plativen Texte in neuen Gattungen wie dem Katechismus, Texten zur Christus- und
Marienverehrung, Heiligenleben sowie Darstellungen des vorbildlichen christlichen
Lebens von (noch) nicht kanonisierten Personen und schließlich Schriften über bzw.
für Laienbewegungen einen erstaunlichen Aufschwung. Diese verschiedenen Be-
trachtungsbücher für Laien begleiten die öffentlichen Zeremonien des Kirchenjah-
res durch eine individuelle Meditation und tragen so dazu bei, die Beherrschung der
italienischen Sprache als unverzichtbare Fähigkeit der österreichischen Führungs-
schicht zu etablieren, was überdies durch wichtige Eheschließungen im Kaiserhaus
sehr bestärkt wird. Die Bindung der Staatsreligion an Rom, die engeren dynastischen
Beziehungen, das Vordringen der künstlerischen Programme des Barock vor allem
aus Italien und das bereits aus dem Humanismus hervor gegangene Interesse an der
italienischen Literatur machen aus Sprache und Kultur der Apenninenhalbinsel zen-
trale Elemente der kulturellen Entwicklung in Österreich.
Es hat sich im Laufe der jüngeren Forschung auch herausgestellt, dass zumin-
dest Anstöße zur Rezeption der französischen Aufklärung im Laufe des 18. Jahrhun-
derts wichtigen Impulsen der von Italien nach Österreich vermittelten katholischen
Frühaufklärung zu verdanken sind. Die Schriften von Ludovico Antonio Muratori
spielen hier eine ebenso große Rolle wie die Gruppe italienischer Intellektueller
rund um die Hofbibliothek in Wien. Besonders in der für den Kaiserhof verfassten
italie
nischen Literatur spiegeln sich die wesentlichen Vorstellungen wider von einem
aufgeklärten Absolutismus nicht mehr nur von Gottes Gnaden, sondern auch als eine
Verpflichtung gegenüber dem anvertrauten Volk und seinem Wohlergehen. Das
führt zu der kuriosen Situation, dass unter dem Zeichen dieses cattolicesimo illuminato
in ihren Heimatländern meist von den kirchlichen Institutionen verfolgte Italiener in
Wien Schutz finden und wichtige Werke der politischen Aufklärung Italiens Vertre-
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549