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33Francesco
Petrarca in Prag
Ita totus ab eo quod uideri uult, ab antiquitate scilicet ac Cesareo remotus est
stilo. Quo fortassis anus credula seu montanus agricola, at non certe uir intelli-
gens falli possit.
Auch wenn diese philologische Expertise Petrarcas keine direkten politischen Konse-
quenzen auslöst, handelt es sich mit diesem Dokument ohne Zweifel um den spekta-
kulären Beginn des fünf Jahrhunderte langen, besonderen Einflusses der italienischen
Literatur und ihrer Vertreter auf das kulturelle und politische Leben in Österreich.
Auf der realpolitischen Ebene fällt der Aufstieg der Familie Habsburg gerade in
die letzten Lebensjahre von Petrarca und verknüpft sich mit bedeutenden Persön-
lichkeiten aus seinem Umfeld: Herzog Rudolf IV., der 1364 die Herrschaft über Ti-
rol antritt und eine Erbeinigung mit dem Grafen von Görz-Istrien abschließt, gerät
in Konflikt mit dem Patriarchen von Aquileia, Lodovico Della Torre, der seinerseits
Unterstützung findet bei dem Herrscher von Padua, Francesco da Carrara, dem Pet-
rarca 1373 seinen Fürstenspiegel (Sen. XIV.1) widmet. Rudolf IV. schließt außerdem
eine Allianz mit der Familie Visconti, den früheren Protektoren von Petrarca, wel-
che durch die ein Jahr nach seinem Tod in Mailand erfolgte Hochzeit seines Bruders
Leopold mit Viridis Visconti besiegelt wird.
Die weitere Korrespondenz von Karl IV. und Johannes von Neumarkt mit Pe-
trarca bezeugt die wechselseitige Wertschätzung: zwar werden die wiederholten
Einladungen nach Prag ausgeschlagen bzw. Reisepläne im letzten Moment geän-
dert werden (z.B. im Mai 1362), es erfolgt jedoch eine intensive Rezeption einzel-
ner Werke von Petrarca, besonders von Bucolicum carmen,17 De remediis utriusque
fortunae18 und den Eklogen.19 Ein letztes Mal finden persönliche Begegnungen mit
Karl IV. und seinem Hof in Begleitung von Francesco da Carrara im April–Mai 1368
zuerst in Udine und dann in Padua statt.
Neben der für den deutschsprachigen Raum typischen Rezeption der Werke
Petrarcas im Rahmen der Aufenthalte von Studenten aus diesen Gebieten an italie-
nischen Universitäten (vorwiegend Bologna, Padua, Pavia und Perugia)20 kann sein
17 Vgl. Fam. XXIII.6 vom März 1361; Piur: Petrarcas Briefwechsel, S. 124–126.
18 Vgl. Neumarkt an Petrarca 1361–2 in Piur: Petrarcas Briefwechsel, S. 137–139.
19 Vgl. Neumarkt an Petrarca 1362–3 in Piur: Petrarcas Briefwechsel, S. 145–146.
20 Vgl. Giuseppe Billanovich: Petrarca letterato. I: Lo scrittoio del Petrarca. Rom 21995, S. 295–419. – Ago-
stino Sottili: Studenti tedeschi e umanesimo italiano nell’Università di Padova durante il Quattrocento. I:
Pietro del Monte nella società accademica padovana (1430–1433). Padua 1971. – Agostino Sottili: Wege
des Humanismus. Lateinischer Petrarchismus und deutsche Studentenschaften italienischer Renaissance-
Universitäten. Mit einem Anhang bisher unedierter Briefe. In. D. H. Green / L. P. Johnson / D. Wuttke
(Hg.): From Wolfram and Petrarch to Goethe and Grass. Studies in Literature in Honour of Leonard
Forster. Baden-Baden 1982, S. 125–150. – Agostino Sottili: Tunc floruit Alamannorum natio: Doktorate
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549