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111Reformorden
aus Italien und ihre Volksmissionen
Dieses tiefgreifend religiös geprägte Umfeld bringt auch eine entsprechende literari-
sche Produktion mit sich, wie das 1622 in Innsbruck veröffentlichte Breve Compendio
della vita e morte della Serenissima et Reverendissima Suor Anna Giuliana Gonzaga, Arci-
duchessa d’Austria, Servita del Terzo Ordine von Giuseppe Maria Barchi exemplifiziert.
Der sonst unbekannte Verfasser war Generalvikar der Serviten in Deutschland und
Beichtvater von Anna Caterina (bzw. Giuliana) Gonzaga (1567–1621), Tochter von
Herzog Guglielmo I. Gonzaga und zweite Gemahlin von Erzherzog Ferdinand II.
von Tirol, die sich nach 1595 der Tradition entsprechend als Witwe in ein Kloster
zurückzieht. Gewidmet ist diese auch in deutscher Übersetzung217 publizierte Bio-
graphie der Tochter der Verstorbenen, Erzherzogin Maria bzw. Anna Katharina von
Tirol (1584–1649), Schwester von Kaiserin Anna, die als Servitin ihrer Mutter an
religiöser Hingabe nacheifert.
Der in Prag in den Franziskanerorden eingetretene Italiener Valeriano Magni da
Milano (1586–1661) fungiert ab 1626 als apostolischer Missionar für Deutschland,
Ungarn und Polen und bekehrt u.a. Landgraf Ernst von Hessen 1652 in Wien. Sein
1628 veröffentlichtes Judicium de acatholicorum et catholicorum regula credendi wird
1641 in Wien nachgedruckt, auch seine polemischen Schriften De homine infami per-
sonato sub titulis M. Jocosi Severi Medii (1654) und Apologia contra imposturas Jesuitarum
(1658) erscheinen erstmals hier.
Unter den Barmherzigen Brüdern, die sich besonders dem Gesundheitswesen
widmen, verdient Gabriele Camillo di Ferrara (~1543–1627), Autor der Nuova selva
di Cirurgia (Venedig 1596), Erwähnung: er gründet 1608 ein erstes Krankenhaus
dieses Ordens in Krakau, sowie in weiterer Folge 1614 in Wien, 1615 in Graz und
1620 in Prag. Seine zumindest vorübergehend erfolgreiche Behandlung von Erzher-
zog Maximilian Ernst (1583–1616), dem Bruder des späteren Kaisers Ferdinand II.,
erwirbt ihm und seinen Mitbrüdern großes Ansehen.
Zu den markantesten Formen des religiösen Lebens in der katholischen Gegen-
reformation zählt natürlich die Verehrung von Heiligen, insbesondere von Schutz-
heiligen bestimmter Gebiete, Personengruppen oder Individuen. Die damit verbun-
denen Praktiken werden zum Großteil aus den Mittelmeerländern, vor allem Italien
und Spanien, übernommen: „Die Wiener Habsburger griffen dabei vor allem spani-
sche und italienische, insbesondere von den Bettelorden der Franziskaner, Serviten
und Karmeliter sowie deren Bruderschaften ausgehende Anregungen auf.“218
217 Das Leben vnd Ableiben/ Der Hochwürdigisten/ Durchleuchtigisten/ Gottseligisten Fürstin vnnd Fra-
wen/ Frawen Annae Iulianae, Ertzhertzogin zu Oesterreich/ etc. deß Dritten Ordens vnser Frawen Die-
nerin. […] Gedruckt zu Ynsprugg/ durch Daniel Paur. Anno M.DC.XXII.
218 Thomas Winkelbauer: Volkstümliche Reisebüros oder Werkzeuge obrigkeitlicher Disziplinierung?
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549