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113Reformorden
aus Italien und ihre Volksmissionen
(Sodalitas) erstmals eine karitative Sodalität unter den in Wien lebenden Italienern
und wird dabei besonders von zwei Italienern, Giovanni Battista Costa und Christo-
foro Pezzana, unterstützt.222 Schließlich haben in dem 1625 eingerichteten Profess-
haus der Jesuiten am Hof (mit der dazu gehörenden Kirche zu den Neun Chören
der Engel) sechs Marianische Kongregationen ihren Sitz, von denen eine auf In-
itiative von dem aus Luxemburg stammenden Wilhelm Lamormain (1570–1648),
dem Beichtvater von Ferdinand II., von am Hof lebenden italienischen Adeligen und
Kaufleuten gebildet wird, und eine andere von italienischen Künstlern und Hand-
werkern. Letztere, deren erster Präfekt der Architekt Giovanni Battista Carlone
ist, zählt um 1646 ca. 60 –70 Mitglieder223 und hat ihren Sitz in der Kapelle Maria
Schnee (Maria ad nives), welche, an der Ecke der heutigen Bogner- mit der Seitzer-
gasse gelegen, nach eben dieser Kongregation auch ‚Wälsche Kapelle‘ genannt wird.
In Folge der 1773 durch den Papst ausgesprochenen Aufhebung des Jesuitenordens,
dem diese Kongregationen organisatorisch zugehören, wird die heute noch beste-
hende italienische Kongregation unter ihrem ursprünglichen Namen, der sich auf
das Gnadenbild in der Kapelle bezieht, in die Katharinenkapelle der Minoritenkir-
che übersiedelt und nach deren Abriss 1784 die Kirche insgesamt der ‚Italienischen
Nation‘ zugeeignet.
Darüber hinaus wird schon 1690 von den beiden Seidenwebern Paolo und
Francesco Bradi bei den Minoriten ein Solidaritätsverein, die Confraternita di Sov-
vegno, gegründet, welchem vor allem italienische Beamte, Ärzte und Handwerker
angehören. Dieser Verband wird 1784 ebenfalls in die neue italienische Kongrega-
tion eingegliedert, die damit eine angeblich auf 7.000 Personen angewachsene Ge-
meinde umfasst.224
Zu den wenigen gedruckten italienischen Quellen in diesem Bereich zählen die
1727 in Wien erschienenen Costituzioni et ordini della confraternita e fratellanza impe-
riale reale del santissimo sacramento, incominciata a fondare nella parochia di San Michele,
worin die Bruderschaft des Allerheiligsten Sakraments an der vor allem als Begräb-
nisstätte für Hofpersonal bedeutenden Kirche St. Michael beschrieben wird.225 Bei
222 Tomek: Das kirchliche Leben und die christliche Charitas in Wien, S. 303.
223 Tomek: Das kirchliche Leben und die christliche Charitas in Wien, S. 305; Giovanni Salvadori (La con-
gregazione della chiesa nazionale italiana in Vienna. Wien 1891, S. 5–11) nennt als Mitglieder dieser ab
1661 als Congregazione della Immacolata Concezione e di S. Rocco bezeichneten Bruderschaft u.a. Kaiser Leo-
pold I., Kaiserin Claudia Felicitas, Kaiserin Eleonore Magdalena Theresia und zahlreiche Vertreter des
Hochadels. Vgl. auch Nino Agostinetti: La Chiesa nazionale italiana dei Minoriti nella Vienna Asburgica.
Padua 1997.
224 Luisa Ricaldone: Italienisches Wien. Wien / München 1986, S. 43.
225 Vgl. Adolf Mais: Die Gruftbestattungen zu St. Michael in Wien. Bruderschaften, Bestattungen, Sargma-
lerei, Totenbeigaben. In: Leopold Schmidt (Hg.): Kultur und Volk. Beiträge zur Volkskunde aus Öster-
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549