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Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen
Frühaufklärung122
Hinsicht wegen ihrer tiefen Verwurzelung in Praktiken der Volksfrömmigkeit eine
eminent wichtige Rolle spielt. Als vermutlich erste italienische Heiligenbiographie
nördlich der Alpen erscheint 1594 in Prag die Vita del glorioso confessore di Christo
santo Elzeario Conte tradotta di latino in volgare italiano des wenig bekannten Jesuiten
Claudio Bilancetti (1554– 99), der Leben und Wirken des französischen Franzis-
kaners Elzéar de Sabran (1285–1323) mit deutlichen Parallelen zur politischen und
konfessionellen Situation im ausgehenden 16. Jahrhundert glorifiziert.
An die spätmittelalterliche Tradition der Heiligenlegenden knüpft die 1600 ver-
öffentlichte Historia passionis B. Caeciliae virginis, Valeriani, Tiburtii et Maximi, marty-
rum, necnon Urbani et Lucii, pontificum et martyrum, vitae des römischen Historikers
Antonio Bosio (1575–1629) an, zu welcher der auf Katakombenforschungen spezi-
alisierte Autor durch die Öffnung des Sarges der Märtyrerin in S. Cecilia in Traste-
vere 1599 angeregt wurde. Die Erzherzogin Maria Anna (1551–1608), der Witwe
von Karl II., gewidmete deutsche Version erscheint 1604 in Graz unter dem Titel
Histori vom Leyden der heiligen Jungfrawen vnd Martyrin Caeciliae, vnnd jhrer heiligen
Mitgesellen vnnd Martyrer/ Valeriani, Tiburtij vnd Maximi. Jtem/ Vom leben der heiligen
Bäpst vnd Martyrer Vrbani vnd Lucij.
Ebenso in Übersetzungen erscheinen Della Vita di S. Evstachio martire (1631) von
Giovanni Battista Manzini (1599–1664) in Prag 1638 (Leben des heiligen Martirers
Eustachij) und die Raccolti de’ miracoli fatti per l’intercessione di San Domenico (1621) von
Silvestro Frangipani († 1645) in Wien 1641 ( Triumphwagen des Heyligen Dominic).
Der als kaiserlicher Hofkapellmeister in Wien wirkende Organist und Kom-
ponist Giovanni Valentini (1582–1649) widmet 1646 eine Sammlung rhetorischer
Übungen mit dem Titel Cento e venti anagrammi sovra Santo Saverio Apostolo dell’Indie
der Figur des Hl. Franz Xaver (1506 –52), der als einer der ersten Jesuiten das Chris-
tentum nach Asien brachte, und ergänzt sein Konzept im darauf folgenden Jahr mit
Cento e trenta quattro anagrammi Soura il glorioso nome di Santa Caterina Martire, Con
noue ottaue obligate, worin die Tugenden von Katharina von Alexandrien gefeiert wer-
den. Valentini veröffentlicht 1656 in Linz eine Sammlung spiritueller Lyrik (Rime
sacre) und verfasst im Rahmen seiner Tätigkeit bei Hof einige Libretti für musikali-
sche Werke (vgl. das entsprechende Kapitel).
Ebenso mit Franz Xaver beschäftigt sich der vermutlich 1622 erstmals in Bolo-
gna veröffentlichte Ristretto della santa vita dell’Apostolo dell’Indie S. Francesco Xave-
rio des Jesuiten Francesco Scorza (1585–1629), eine klassische Heiligenvita, deren
deutsche Übersetzung Leben und Wunderwerck deß Indianischen Apostels S. Francisci
Xaverii 1655 in Innsbruck erscheint, so dass es für die anonyme, 1658 in Wien nach-
gedruckte Relatione delle Solennità fatte in Napoli in honore di San Francesco Saverio
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549