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Die italienische
Improvisationskomödie150
Über Znaim, wo ein böhmischer Landtag abgehalten wird, reist der Hof nach
Wien, wohin ihm die italienischen Schauspieler für den Fasching 1629 folgen. So
berichtet Erzherzogin Maria Anna über eine Komödie am 25. Februar, in welcher
wieder Ottavio Onorati als Mezzetino und Paolo Zanotti als Finocchio auftreten. Auf
diese Hinweise beschränken sich allerdings bisher die konkreten Informationen, die
die Forschung über diese Tournee der italienischen Truppen zu Tage gefördert hat.
Lediglich die Honorare sind noch nachvollziehbar: im März 1628 wird eine erste
Tranche von 3.700 Gulden ausbezahlt, worauf dann bis März 1629 noch ungefähr
1.800 Gulden folgen und die Verpflichtungen mit einer Sonderzahlung von 5.000
Gulden enden. Insgesamt bekommen die Comici Fedeli und die später zu ihnen ge-
stoßenen fünf Schauspieler aus Mantua inklusive der Reisespesen über 15.500 Gul-
den für 200–300 Vorstellungen in 18 Monaten.311
Das Ehepaar Andreini verlässt die Hauptstadt dann – vermutlich mit der ge-
samten Truppe – am dritten Sonntag der Fastenzeit, sobald die Saison der öffent-
lichen Theateraufführungen zu Ende ist. Zuvor hinterlassen sie allerdings noch
bedeutende literarische Spuren: Giovanni Battista Andreini veröffentlicht 1628 in
Prag und 1629 in Wien zwei Versionen seiner Maddalena, von welchen im folgen-
den Kapitel die Rede sein wird. Virginia Andreini-Ramponi publiziert 1629 in Wien
zwei der Kaiserin Eleonora gewidmete Bände mit den Titeln Gli Austriaci. Choro
di Pescatori e di Pescatrici und Il Congedo o ver l’Addio di Florinda Comica. Neben den
Abschiedsreden der beiden führenden Masken der Comici Fedeli, nämlich Lelio (=
Giovanni Battista Andreini) und Florinda (= Virginia Andreini-Ramponi) enthalten
die kleinen Bände noch Gelegenheitsgedichte (Composizioni Poetiche in varij suggetti),
zwei allegorische Vorspiele (Il Mincio und Il Pastor ozioso) und schließlich den pane-
gyrischen Chor der Fischerinnen und Fischer mit dem Titel Gli Austriaci, die von
der Forschung Giovanni Battista Andreini zugeschrieben werden. Diese Texte sind
vor allem als Zeitzeugnisse von Interesse, da in ihnen von einer wunderbaren Hei-
lung des Grafen Slavata, von der prunkvollen Abreise des Nuntius Carlo Caraffa,
vom Hofmusiker Lodovico Bartolaia und sogar vom bevorzugten Jagdhund der Kai-
serin (einem ‚bracchetto‘ = Beagle) in gelungenen Metaphern die Rede ist.
1651 veranstalten die Mönche des damals noch gotischen Minoritenklosters
Sankt Jakob (Kostel svatého Jakuba) in Prag, dem zahlreiche italienische Brüder an-
gehören, die Aufführung einer italienischen Komödie mit den typischen Figuren
von Graziano, Napolitano und Pantalone für Kardinal Ernst Adalbert von Harrach.312
311 ÖNB, Cod. 7337, fol. 116r, 121v, 128r, 136rv; vgl. Franz Hadamowsky: Wien. Theatergeschichte. Von den
Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Wien / München 1988, S. 102.
312 Geboren am 4. November 1598 in Wien, beginnt Ernst Adalbert von Harrach seine Schulbildung in
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549