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Die italienische
Improvisationskomödie152
ter der Leitung von Giovanni Francesco Narici (Künstlername Trappola) und Pietro
Palombara nachweisbar. 1656, 1657 und 1658 kommen jeweils für einige Wochen
fünf italienische Komödianten mit einem Knaben in die Stadt. Außerdem werden
im November 1656 Pietro Agimonti, Carlo Archonati und Leonardo Tavvianeti von
Erzherzog Ferdinand Karl (1628–62) eingeladen. 1658 tritt Niccolò Zecca (Künst-
lername Bertolino) in Innsbruck auf. 1659 und 1661 kehrt Giovanni Francesco Narici
mit einer Truppe in die Stadt zurück.
Anfang 1660 spielt in Wien eine wandernde Theater-Kompanie unter Andrea
Dell’Orso (Künstlername Fabrizio),315 welcher neben Angela Dell’Orso der damals
am Anfang seiner Karriere stehende, später in Frankreich berühmte Arlecchino Do-
menico Biancolelli (1636–88) und dessen Mutter Isabella Biancolelli Franchini als
Colombina angehören. Dass diese Truppe nicht nur Improvisationskomödie spielt,
geht aus einem der drei überlieferten Titel ihres Programms hervor: L’Arlichin fu
Colombina, Sanson und Il Convitato di Pietra, da letzteres Stück in seiner Handlung
und in seinen Figuren ohne Zweifel außerhalb der üblichen Darbietungen der
Commedia dell’arte zu situieren ist.316 Diese lange Zeit Giacinto Andrea Cicognini
(1606–60?), der mit seinen über 50 Titeln zu den beliebtesten Dramatikern des
17. Jahrhunderts gehört und als Begründer einer ‚spanischen‘ Tradition im italieni-
schen Theater gelten kann, zugeschriebene, aber erst 1691 erstmals gedruckte und
später von den Wanderkomödianten vielfach bearbeitete Prosakomödie Il Convitato
di pietra stellt die Einführung der Don-Juan-Figur in Italien dar.
Außer Freitags spielt die Theater-Kompanie täglich vom 4. Januar bis zum Ende
des Faschings am 10. Februar317 zur derart großen Begeisterung des Kaisers, dass er
sogar den ungarischen Landtag verschieben lässt.318 Allerdings löst die allzu große
Freude des Hofes an Theateraufführungen, deren Inszenierungen auf die verführe-
rische Sinneslust ausgerichtet sind, zunehmende Kritik seitens der gegenreformato-
rischen Orden, allen voran der Jesuiten, aus, so dass die bloße Unterhaltung immer
mehr im Dienst einer repräsentativen Darstellung des Hofes als politisches Spekta-
kel einem moralisch vertretbaren Zweck unterworfen wird.
315 Seifert: Die Oper am Wiener Kaiserhof, S. 650, und S. 175, 445, sowie Schindler: Mio compadre Impe-
ratore, S. 67–80.
316 Seifert: Die Oper am Wiener Kaiserhof, S. 659. – Otto G. Schindler: Domenico Biancolelli e la rappre-
sentazione del ,Convitato di pietra‘ a Vienna (1660). In: Commedia dell’arte. Annuario internazionale
1.2008, S. 161–180.
317 Seifert: Die Oper am Wiener Kaiserhof, S. 445, 650f.
318 Luigi Olivi: Correspondance d’un représentant du duc de Modène à la cour de Vienne (1659–1660). In:
Revue d’histoire diplomatique 2 (1888), S. 386–401, 567–587; hier S. 578. – Flora Biach-Schiffmann:
Giovanni und Ludovico Burnacini: Theater und Feste am Wiener Hofe. Wien-Berlin 1931, S. 25. – Sei-
fert: Die Oper am Wiener Kaiserhof, S. 660.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549