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Historische Aufzeichnungen
Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Band I
Seite - 161 -
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161Die Commedia dell’arte im österreichischen Musiktheater des 17. und 18. Jahrhunderts Vor allem die Dienerfiguren der Commedia dell’arte wie Zanni, Arlecchino, Trappo- lino, Pedrolino, Burattino, und ihre südlichen Kollegen wie Maramao, Coviello, Meo Squacquera und Pulcinella entwickeln sich in mehr oder weniger ausgeprägten Ab- wandlungen zu Standardfiguren des Musiktheaters, weil sie eine dramaturgisch äu- ßerst interessante Aufspaltung des Geschehens in zwei Ebenen gestatten: auf der hohen Ebene der Herrscherfiguren werden tragische Konflikte mit entsprechend leidenschaftlicher Musik dargestellt, während im Alltag auf der niedrigen Ebene diese nur allzu gewöhnlichen Menschen mit ähnlichen Problemen in der reduzier- ten Form kämpfen, was die stark ironisierende Musikbegleitung noch unterstreicht. Besonders deutlich treten diese Parallelen in der weiblichen Figur der alten Amme hervor, einer mütterlichen Figur der antiken Tragödie, deren beratende Funktion im modernen Libretto nun mit der Komödiengestalt der Kupplerin vermischt wird.350 Diese komische Amme, die vermutlich erstmals in Sant’Alessio (1632) von Giulio Rospigliosi auftaucht, findet ihren entsprechenden Gegenspieler in der Gestalt des alten pedantischen Erziehers, einer Variante des Dottore der Commedia dell’arte, zu der z.B. Neros Lehrer Seneca in L’incoronazione di Poppea von Giovanni Francesco Busenello (1642 in Venedig mit der Musik von Claudio Monteverdi uraufgeführt) verwandelt wird. In der im selben Jahr in Venedig mit der Musik von Francesco Ca- valli herausgebrachten Musikkomödie L’Amore innamorato von Giovanni Francesco Fusconi heißt die alte Amme ihrer neuen Funktion gemäß schon nur mehr Ruffiana. Wie Seifert zur Personenkonstellation der Barockoper feststellt: Die fast in jeder Oper präsenten Typen sind der servo ridicolo, der komische Die- ner, der fast immer gefräßig und dumm ist und häufig stottert, und die alte, lüs- terne und kupplerische Amme, eine Tenorrolle. Zumindest diese stammt aus der Commedia dell’arte.351 Wenn sich auch zu Beginn die Librettisten damit begnügen, die Rezitative mit Scherzen von der Art der improvisierten lazzi aufzulockern, wie es Francesco Sbarra (1611– 68) in seiner Einleitung zu seinem Musikdrama Alessandro vincitor di sé stesso (das 1662 in Innsbruck mit der Musik von Antonio Cesti unter dem Titel La magna- nimità d’Alessandro aufgeführt wird) erklärt, wird der komische Diener, der in Vari- anten alle Züge des gierigen Zanni, des tollpatschigen Arlecchino oder des gerissenen Truffaldino aufweist, zu einer charakteristischen Figur des Opernlibrettos an den 350 Herbert Seifert: Rapporti tra commedia dell’Arte e musica alla corte cesarea. In: Lattanzi / Maione (Hg.): Commedia dell’arte e spettacolo in musica, S. 133–145; hier S. 134. 351 Seifert: Die Oper am Wiener Kaiserhof, S. 214.
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Die italienische Literatur in Österreich Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die italienische Literatur in Österreich
Untertitel
Von den Anfängen bis 1797
Band
I
Autor
Alfred Noe
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78730-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
780
Schlagwörter
Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
    1. I.1 Francesco Petrarca in Prag 28
    2. I.2 Enea Silvio Piccolomini in Wien 35
    3. I.3 Die Humanisten an den Höfen und Universitäten 56
    4. I.4 Die Panegyrik für Maximilian I 64
    5. I.5 Die Späthumanisten zwischen Wien und Prag 72
  3. II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
    1. II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
    2. II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
    3. II.3 Barocke Akademien 92
    4. III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
    5. III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
    6. III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
    7. III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
  4. IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
    1. IV.1 Italienische Truppen in Österreich und Böhmen 143
    2. IV.2 Die Commedia dell’arte im österreichischen Musiktheater des 17. und 18. Jahrhunderts 157
    3. IV.3 Italienische Texte der deutschen Wanderbühne in Österreich 188
  5. V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
    1. V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
    2. V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
    3. V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
    4. V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
    5. V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
    6. V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
    7. V.7 Aufzüge und Rossballette 302
    8. V.8 Musikalische Feste 305
    9. V.9 Faschingsopern 314
    10. V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
    11. V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
    12. V.12 Hochzeitsopern 375
  6. VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
    1. VI.1 Die Kontakte der italienischen Frühaufklärer zum Wiener Hof 393
    2. VI.2 Die geistlichen Libretti der Generation vor Metastasio 399
    3. VI.3 Die weltlichen Libretti der Generation vor Metastasio 419
    4. VI.4 Pietro Metastasio – der Hofdichter als Monument 449
  7. VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
    1. VII.2 Die neuen Leidenschaften im Libretto 504
    2. VII.3 Die italienischen Reformbewegungen und Österreich 524
  8. VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
    1. VIII.1 Die Drucker italienischer Werke 531
    2. VIII.2 Das Libretto als wichtigste Gattung 538
    3. VIII.3 Übersetzungen in das Deutsche 540
    4. VIII.4 Die Präsenz in den Bibliotheken 545
  9. IX. Verzeichnis der Drucke 549
    1. Bibliographie 685
    2. Riassunto 713
    3. Personen- und Titelregister 725
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