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Die italienische
Improvisationskomödie178
schen Licht darstellen, wie z.B. La Verità raminga (1650), La Moda (1652), La Ti-
rannide dell’interesse (1653) oder Il Disinganno (1654) von Francesco Sbarra, die noch
während seiner Zeit in Lucca entstehen. Die aus mehreren Teilen bestehenden In-
termezzi Il Ciro crescente von Aurelio Amalteo erscheinen 1661 als erster Text dieser
Gattung, der in einem Wiener Druck überliefert ist, und werden mit der Musik von
Antonio Bertali (1605–69) und Wolfgang Ebner im Juni dieses Jahres im Park des
Schlosses Laxenburg aufgeführt.
Als Intermedien werden im weiteren Sinne auch komische Szenen innerhalb
einer Oper bezeichnet, welche in der venezianischen Tradition auf der Ebene der
Dienerfiguren das tragische Geschehen durch ihre Komik brechen. Auch für die-
sen Bereich kann ein Werk von Francesco Sbarra als Beispiel herangezogen werden,
nämlich sein bereits erwähntes Libretto Il pomo d’oro, das zum Anlass der 1666 gefei-
erten Hochzeit von Kaiser Leopold I. mit der Infantin Margarita Teresa im Sommer
1668 zum ersten Mal in Wien aufgeführt wird.395 Die aus der venezianischen Tradi-
tion bekannte Figur des Momo tritt hier als eine Art Hofnarr der Götter auf, der die
Haupthandlung und deren Protagonisten kommentiert und parodiert.
So schließt z.B. die fünfte Szene des ersten Aktes mit einer Arie Momos, in
welcher er auf äußerst ironische Weise die Schiedsrichterqualitäten von Paris im
Wettstreit der drei Göttinnen um den Goldenen Apfel in Zweifel zieht. In der elften
Szene dieses Aktes schwebt Momo wie ein Gott vom Himmel herab, um das Urteil
von Paris aus nächster Nähe unbemerkt beobachten zu können. Als Begleiter von
Paris durch das restliche Stück greift er außerdem an einigen Stellen direkt in die
Handlung ein, wenn er z.B. in der fünften Szene des dritten Aktes Aurindo am Selbst-
mord hindert. Auf diese Weise stellt er – wie die Spaßmacher im Sprechtheater –
immer wieder einen heiteren Gegenpol zur tragischen Handlung dar, welche aus
seinem von unten nach oben verlaufenden Blickwinkel ihre tragische Wucht einbüßt
und zu einer vorübergehenden Laune des Schicksals schrumpft, der im rechten Au-
genblick ebenso willkürlich wie unerklärlich der deus ex machina ein Ende bereitet.
Auch Nicolò Minato betätigt sich in der Gattung des Intermezzo. 1684 schreibt
er ein dreiteiliges Intermedio per la commedia del finto Astrologo, welches für eine Auf-
führung dieser nicht näher bestimmbaren Komödie in Linz dient. Im ersten Teil
begeben sich drei Hirten auf ihrer Pilgerfahrt zu Don Fernando, um von ihm Aus-
künfte über ihr Liebesschicksal zu erlangen. Im zweiten Teil besingt Mendoza seine
Irrfahrten, und Filippino klagt Beatrice seine unglückliche Liebe zu ihr. Im dritten
395 Vgl. Herbert Seifert: Der Sig-prangende Hochzeits-Gott. Hochzeitsfeste am Wiener Hof der Habsbur-
ger und ihre Allegorik 1622–1699. Wien 1988, S. 23–40.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549