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373Opern
zu Geburten im Kaiserhaus
Der ersehnte Thronfolger wird erst vier Jahre später in der dritten Ehe des Kaisers
geboren und mit der vermutlich aufwändigsten Opernaufführung zu einem derartigen
Anlass am Wiener Hof gefeiert. In der Wahl des Stoffes setzt Minato mit La Monarchia
latina trionfante. Festa Musicale seine Linie der Ableitung des dynastischen Anspruchs
aus der römischen Tradition konsequent fort. Die am 8. Oktober 1678625 erstmals in
sechs Bühnenbildern und unter Einsatz von 16 Maschinen von Burnacini im Hofthe-
ater auf der Cortina zur Geburt von Erzherzog Joseph aufgeführten 26 Szenen mit
der Musik von Draghi und J. H. Schmelzer sowie einer Balletteinlage von Ventura
und einer Kampfszene behandeln das Thema der translatio imperii vermutlich auf der
Basis von Schriften des kaiserlichen Historiographen Dominicus Franciscus Calin
(Kalin) von Marienberg. Der von Burnacini entworfene Titelkupferstich, in dem man
Mars mit einem Löwen, Venus mit einem Adler und den eine Schlange zerreißenden
Knaben Hercules sehen kann, resümiert die Aussage in dem Spruch „Fortes creantur
Fortibus“.
Im Streit zwischen den Herrschern der assyrischen, persischen, griechischen und
römischen Monarchie (Nino, Dario, Alessandro und Cesare) um die Vorherrschaft,
siegt Cäsar in einem Turnier. Das von Cäsar gegründete römische Reich ist über die
mittelalterlichen deutschen Kaiser schließlich auf das Haus Habsburg gekommen,
dessen außergewöhnliche Qualitäten seinen Glanz erhalten und an die Nachkom-
men weitergeben werden. In einer höchst staatsphilosophischen, außerordentlich
zeremoniösen Atmosphäre, die inhaltlich gewisse Parallelen zu La Contesa dell’Aria, e
dell’Acqua aufweist, führen die allegorischen Figuren (L’Auidità di Regnare – La Pace
– La Religione – L’Abbondanza – La Fama – La Discordia – L’Otio) im Wechselspiel
mit den personifizierten Staatengebilden (Gli Stati: Monarchico, Aristocratico e De-
mocratico – Le Monarchie: De gl’Assiri, De’ Persiani, De’ Greci e De’ Latini) und
den Schatten der historischen Führungspersönlichkeiten (Anime felici: Di Nino, Di
Dario, D’Alessandro e Di Cesare) die mit den jeweiligen Staatsformen verbundenen
Leistungen und Gefahren vor, wobei letztere erstaunlicher Weise durch stumme Er-
scheinungen (Persone Mute: L’Odio, Il Furore e La Confusione) repräsentiert werden.
Die monumentale römische Dimension erscheint bereits im Vorspiel, in dem die
Kaiserin als Neoburgica Diva und der Kaiser als Träger des augusteischen Lorbeer-
kranzes gefeiert werden. Der eben geborene Thronfolger wird als Atlas angekün-
digt, der die Last der Weltherrschaft auf seine Schultern nehmen wird.626
625 Unverständlich ist die Angabe 1667 bei Maria Girardi: Da Venezia a Vienna: Le ‚facezie teatrali‘ di Ni-
colò Minato. In: Ivano Cavallini (Hg.): Il diletto della scena e dell’armonia. Teatro e musica nelle Venezie
dal ’500 al ’700. Rovigo 1990, S. 189–265; hier S. 199.
626 Vgl. Herbert Schneider: La Monarchia Latina Trionfante von Antonio Draghi, ‚Festa Musicale‘ zur Geburt
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549