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379Hochzeitsopern
Ventura in vier Bühnenbildern von Burnacini aufgeführt. Die auf dem zwölften Buch
von Vergils Aeneis beruhende Handlung beginnt mit der Ankunft des trojanischen
Fürsten in Italien, wo er von König Latino aufgenommen wird und sich in dessen
Tochter Lavinia verliebt. Allerdings stellt sich Aeneas der unter dem Namen Elisio
auftretende Turno als Rivale entgegen, welcher aber seinerseits von der ihm in Män-
nerkleidung nachgefolgten ehemaligen Geliebten Eridena verfolgt wird. Als es zum
Krieg zwischen Latino und Massentio kommt, treten die Rivalen Aeneas und Turno
zu einem Zweikampf an, in dem Aeneas siegt, dadurch Lavinia gewinnt und zum
Nachfolger Latinos bestimmt wird. Entgegen der Vorlage bei Vergil bleiben sowohl
Anchises als auch Turno am Leben. Am Ende sagt Pallade die Vermählung von Maria
Anna und Johann Wilhelm voraus, welche in ihren Tugenden und ihrem Heldentum
noch über Lavinia und Aeneas stehen werden. Auch in diesem Fall steht die Aktua-
lisierung des Stoffes in Bezug zu den familiären Allianzen gegen Bedrohungen des
Reiches von außen, besonders zu der gemeinsamen Abwehr der Türkengefahr.
In diesen strategischen Zusammenhang ordnet sich auch die große Hochzeitsoper
vom 17. September 1685 ein:630 Die Vermählung von Erzherzogin Maria Antonia,
der ältesten Tochter des Kaisers, mit Kurfürst Maximilian II. Emanuel von Bayern
wird mit der Aufführung von Minatos Il Palladio in Roma. Drama per musica in drei
Akten mit Nachspiel in der Vertonung von Draghi, Leopold I. und A. A. Schmelzer
mit drei Balletteinlagen und sieben eigens angeführten Schaubildern (Apparenze, at-
tioni e machine) in neun Bühnenbildern von Burnacini gefeiert. Der Librettist behan-
delt das Thema der Symbolkraft eines göttlichen Objekts auf der Basis von Petrus
Valerianus, Apollodorus, Cedrenus, Varro und Pausanias für die Vorgeschichte des
Palladiums, sowie von Servius, Sabellicus und Plutarch für die Figur des Metellus.
Der römische Feldherr Metello kehrt im Triumph aus Karthago zurück, ist aber
unglücklich wegen seiner Liebe zur gefangenen karthagischen Prinzessin Alfirea.
Nach einigen durch Eifersucht hervorgerufenen Wirren retten Metello und sein
unerkannt agierender Sohn Climero gemeinsam das im brennenden Vesta-Tempel
bedrohte Palladium. Metello verzichtet daraufhin zugunsten seines durch diese
Aktion wiedergefundenen Sohnes Climero auf Alfirea. Das Nachspiel im Himmel
besingt schließlich Österreich und Bayern, sowie glorreiche Mitglieder der beiden
Familien. Mit dem Palladium ist sicher die Rolle der Casa d’Austria als Schutzschild
der katholischen Religion gemeint, welche sie mit kriegerischer Lanze und vorbild-
licher Tugend vor der drohenden Gefahr bewahrt. Der Brand des Vesta-Tempels
bedeutet den türkischen Kriegsbrand, vor welchem der eben vom erfolgreichen Un-
630 Die Aufführung wird am 8. Oktober 1685 wiederholt.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549