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421Die
weltlichen Libretti der Generation vor Metastasio
1713 in Modena von der Truppe Luigi Riccobonis erstmals gespieltem Werk als
Faschingsdrama wohl überrraschend. Durchaus verständlich ist auf Grund des Aus-
gangs die Einstufung als Tragikomödie, wie auch das antike höfische Milieu den Er-
wartungen an eine Haupt- und Staatsaktion, wie sie die Wanderbühnen dieser Zeit
spielen, entspricht. Das Interesse an diesem italienischen Reformdrama, welches
sich in den zahlreichen zeitgenössischen Übersetzungen sowie den Stellungnahmen
von Voltaire und Lessing widerspiegelt, erklärt sowohl den Druck als auch die wahr-
scheinliche Aufführung in Wien, die ohne Zweifel von den am Kaiserhof präsenten
Freunden des Autors begrüßt wird.
Als 16 Monate nach ihrem Gemahl am 12. Juli 1713 Kaiserin Elisabeth Christine
nach Wien kommt, wird unverzüglich das neue höfische Festprogramm aufgenom-
men: Am Abend des 28. August 1713 wird zu ihrem Geburtstag die anonyme Circe
fatta saggia. Festa musicale in einem Akt mit der Musik von Francesco Bartolomeo
Conti in drei Bühnenbildern von Ferdinando Galli Bibiena aufgeführt. Darauf folgt
am 1. Oktober 1713 in der Hofburg zum Geburtstag von Karl VI. Pariatis Ercole in
cielo. Festa musicale in der Vertonung von Andrea Stefano Fiorè (1686–1732). Das
Werk mit einer mythologischen Figurenkonstellation (Giunone – Pallade – Ercole
– Marte – Giove), wie sie charakteristisch ist für viele weltliche Libretti des Autors,
ist ursprünglich für den selben Anlass 1710 in Spanien entstanden. Am 4. November
1713 wird zum Namenstag des Kaisers wohl wegen der bereits ausgebrochenen Pest-
epidemie keine Oper, sondern lediglich der nur handschriftlich überlieferte Dialogo
fra Pallade e Marte. Componimento drammatico von Maria Margherita Grimani (ÖNB
Mus. Hs. 17.741) gespielt. Die aus einer venezianischen Adelsfamilie stammende
Komponistin lebt 1713–18 in Wien und vertont 1715 in einer nur fragmentarisch
überlieferten Version (ÖNB Mus. Hs. 17.667) La decollazione di S. Giovanni Battista.
Oratorio von Giovanni Domenico Filippeschi, das in der Fastenzeit 1709 erstmals
mit der Musik von Antonio Bononcini in Wien gespielt wurde.
Als erste Faschingsoper unter Karl VI. wird am 5. Februar 1714 Pariatis Alba
Cornelia. Drama per musica in drei Akten mit der Musik von F. B. Conti und Ni-
cola Matteis (~1675–1749) in sechs Bühnenbildern von Ferd. Galli Bibiena und mit
sieben Balletteinlagen von Phillibois und Pietro Levassori della Motta aufgeführt.
Dieses erstmals 1704 in anderer Vertonung aufgeführte und für Wien nur in einzel-
nen komischen Szenen modifizierte Libretto behandelt die Liebesverwirrungen un-
ter den Kindern der Rivalen im römischen Bürgerkrieg: Sillas Sohn Elio liebt Alba
Cornelia, die Tochter eines Scipionen; deren Bruder Tito liebt Emilia, die Tochter
von Mario. Diese leidenschaftlichen Konflikte werden durch die komischen Figuren
von Lesbina, damigella d’Alba Cornelia und Milo servo aufgelockert, ebenso wie
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549