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Von der Spätaufklärung zur
Frühromantik494
Rambaldo di Collalto, der ihn mit Metastasio bekannt macht, mit dem Florio wäh-
rend seines Aufenthaltes in der Kaiserstadt persönlichen Umgang pflegt und später
in brieflichem Kontakt bleibt. Ab 1736 hält sich Florio erneut in Italien, zunächst
in Rom, dann im Veneto auf, um erst 1759 wieder kurz nach Wien zurück zu keh-
ren, weil ihn die Kaiserin zum Kämmerer ernennt. Diese offizielle Funktion und
seine poetische Verehrung für das Herrscherhaus tragen ihm in der Folge bei den
zunehmend nationalistischen italienischen Intellektuellen herbe Kritik und völlige
Missachtung in den Werken der Literaturgeschichte ein. Die Spezialität von Florio,
der 1767 in Wien einen Sammelband seiner Stanze veröffentlicht, sind panegyrische
Gelegenheitsgedichte anläßlich öffentlicher Ereignisse wie Hochzeiten (Per le nozze
della serenissima arciduchessa Marianna d’Austria, Infanta di Spagna. Canti due. Wien
1744. – Per le felicissime nozze delle LL. RR. AA. l’arciduca Giuseppe d’Austria e la prin-
cipessa Isabella di Borbone. Canti due. Wien 1760. – In occasione delle nozze dell’arciduca
Leopoldo d’Austria e dell’infanta Maria Luisa di Borbon, celebrate in Inspruck. Canzone.
Wien 1765), aber auch der Studienreform, für die Metastasio das Deckenfresko in
der Aula der Universität konzipiert (Per lo ristabilimento delle scienze e la riforma degli
studj fatta nell’università di Vienna da Maria Teresia. Canzone.Wien 1753).
Den Schlusspunkt in der italienischen Tradition der Enkomiastik am Wiener Hof
setzt der aus Parma stammende Jesuit Clemente Bondi (1742–1821), der in Italien So-
nette auf die Herrschaft von Maria Theresia, auf den Regierungsantritt von Joseph II.
1765 und 1790 auf die Vermählung von Erzherzog Franz (1768–1835), dem späteren
Kaiser Franz II., mit Maria Teresa von Bourbon-Neapel (1772–1807) verfasst. 1796
wird Bondi von dem vor Napoleon aus seinem Herzogtum Modena flüchtenden Erz-
herzog Ferdinand (1754–1806) und seiner Frau Maria Beatrice d’Este (1750–1829)
zunächst nach Brünn, dann nach Wiener Neustadt und schließlich nach Wien mit-
genommen. Hier macht sich Bondi als Übersetzer klassischer Texte (z.B. Le Georgiche
di Virgilio. Tradotte in versi italiani da Clemente Bondi. Vienna 1800) einen Namen und
bekleidet ab 1810 als letzter Italiener die Stellung des Poeta cesareo in Wien.
Die zwischen Metastasio und Bondi berufenen Hofdichter wirken beinahe aus-
schließlich im Bereich der Librettistik und verfassen im Auftrag des Hofes, adeli-
ger Gönner aber auch einzelner Komponisten Textvorlagen für musiktheatralische
Werke. Mit unterschiedlichen Titeln bedacht, sind diese Personen wohl mehr als Au-
toren für die angesehenen Wiener Bühnen, allen voran das Theater nächst der Burg,
zu sehen, denn als Hofdichter im eigentlichen Sinn.
Dazu gehört z.B. Giampietro Tagliazucchi (1716–68), der in seiner extrem kur-
zen Zeit als Kaiserlicher Theaterdichter am 26. Juli 1750 mit Euridice. Favola pasto-
rale in der Vertonung verschiedener Komponisten in Wien sein einziges Werk zur
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549