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Bücher war im Februar 1848 das nun unter dem Titel Allgemeine Real-Enzyklo-
pädie erscheinende Conversations-Lexikon.
Von Anfang an widmete sich der Verlag unter seinem Leiter Friedrich Arnold
Brockhaus, der im Geist der Französischen Revolution aufgewachsen war und
in der Endphase der napoleonischen Ära als deutscher Patriot auftrat, der poli-
tischen Literatur. Der preußische Staat verordnete im Mai 1821, dass seine sämt-
lichen Verlagswerke einer strengen Nachzensur unterzogen werden sollten, weil
sie generell einen „schlechten Sinn“ verrieten und der Verbreitung revolutionä-
rer Ideen dienten.175 Erst nach dem Tod von Friedrich Arnold Brockhaus im
August 1823 wurde die generelle Nachzensur in Preußen wieder aufgehoben.176
Adam Müller, der österreichische Generalkonsul in Leipzig, referierte in einem
Brief an Brockhaus die in Wien herrschende Meinung über den Verlag:
Der Verleger und Herausgeber des „Conversations-Lexicon“ könne schwerlich in
Abrede stellen, daß er seit mehrern Jahren einer der rastlosesten Beförderer der Leh-
ren und Meinungen gewesen, die nach den unwandelbaren Ueberzeugungen der k.
k.
Regierung mit der Ruhe der Welt und dem wahren Wohle der Völker unvereinbar
sind; der bei weitem größere Theil seines Verlags habe bis auf die allerneuesten Zei-
ten in Schriften bestanden, die mit den gefährlichsten Umtrieben der Zeit genau
zusammenhingen, und er habe bei mehr als einer Gelegenheit bewiesen, daß nicht
blos mercantilische Speculation, sondern ein persönlicher Wunsch und Trieb, der
Partei, welche alle bestehenden Ordnungen aufzulösen sucht, zu dienen, ihn bei sei-
nen Unternehmungen leitete.177
Um sich nicht allzu sehr zu kompromittieren, verwendete Brockhaus zumindest
in drei Fällen die berüchtigte fingierte Verlagsangabe ,Peter Hammer in Köln‘.178
175 Vgl. Heinrich Eduard Brockhaus: Die Firma F. A. Brockhaus von der Begründung bis zum
hundertjährigen Jubiläum 1805–1905. Leipzig: Brockhaus 1905 (Faksimile Mannheim: Biblio-
graphisches Institut & F. A. Brockhaus 2005), S. 12–14, das Zitat S. 13, und Acta Borussica.
Neue Folge, 2. Reihe: Preußen als Kulturstaat. Abteilung II: Der preußische Kulturstaat in der
politischen und sozialen Wirklichkeit. Bd.
6: Preußens Zensurpraxis von 1819 bis 1848 in Quel-
len. 1. Halbband. Berlin: de Gruyter Akademie Forschung 2015, S. 278.
176 Holtz: Staatlichkeit und Obstruktion, S. 75.
177 Brockhaus: Die Firma F. A. Brockhaus, S. 368–369. Der Historiker und Brockhaus-Autor
Joseph von Hormayr bezeichnete Müller als unzuverlässigen Spion: „Zuerst Jude, dann evan-
gelisch, jetzt intolerant katholisch, mit einer seinem Gastfreund und Wohlthäter in Großpo-
len entführten Frau Vertheidiger der Unauflösbarkeit der Ehen, früher ein Vordermann der
libérales und constitutionnels, jetzt der Feldpater des Despotismus [...].“ (Heinrich Eduard
Brockhaus: Friedrich Arnold Brockhaus. Sein Leben und Wirken nach Briefen und andern
Aufzeichnungen geschildert. 3 Teile. Leipzig: Brockhaus 1872–1881. 1. Teil, S. 378).
178 Es handelt sich um Johann Friedrich Reichardts Briefe eines reisenden Nordländers (1812), Ver-
traute Briefe über die innern Verhältnisse am preußischen Hofe seit dem Tode Friedrichs
II. (1807)
3.3. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1792–1848 175
Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Titel
- Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Autor
- Norbert Bachleitner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20502-9
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Censorship, Austria, Habsburg monarchy, 18th and 19th century, Zensur, Österreich, Habsburgermonarchie, Geschichte, 18. und 19. Jahrhundert, Literatur
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- VORBEMERKUNGEN 11
- 1. EINLEITUNG 15
- 2. IM DIENST DER AUFKLÄRUNG: DIE ZENSUR ZWISCHEN 1751 UND 1791 41
- 2.1. Die Vorgeschichte: Zensur in der Frühen Neuzeit 41
- 2.2. Die maria-theresianische Zensurkommission 49
- 2.3. Die josephinisch-leopoldinische Epoche 58
- 2.4. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1754–1791 73
- 2.4.1. Verbote 1754–1791 73
- 2.4.2. Verbote 1754–1780, gegliedert nach Sprachen 78
- 2.4.3. Meistverbotene Autoren 1754–1780 79
- 2.4.4. Verbote 1783–1791, gegliedert nach Sprachen 82
- 2.4.5. Meistverbotene Autoren 1783–1791 84
- 2.4.6. Verbote 1754–1791, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 85
- 2.4.7. Meistverbotene Verlage 1754–1791 87
- 2.4.8. Häufigste Verlagsorte 1754–1791 91
- 3. DIE ZENSUR ALS INSTRUMENT DER REPRESSION: DIE ÄRA NAPOLEONS UND DER VORMÄRZ (1792–1848) 93
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 3.1.1. Die Etablierung des polizeilichen Zensursystems 94
- 3.1.2. Die Zensoren 96
- 3.1.3. Die Aktion der Rezensurierung 1803–1805 101
- 3.1.4. Die Jahre der napoleonischen Besatzung und die Zensurvorschrift von 1810 105
- 3.1.5. Die Zensurgutachten: Beispiele aus den Jahren 1810/11 108
- 3.1.6. Die Bücherrevisionsämter 114
- 3.1.7. Die Staatskanzlei 121
- 3.2. Die Zensur im Vormärz (1821–1848) 124
- 3.3. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1792–1848 146
- 3.3.1. Verbote und Zulassungen 1792–1820 148
- 3.3.2. Verbote 1792–1820, gegliedert nach Sprachen 151
- 3.3.3. Meistverbotene Autoren 1792–1820 153
- 3.3.4. Verbote und Zulassungen 1821–1848 157
- 3.3.5. Verbote 1821–1848, gegliedert nach Sprachen 163
- 3.3.6. Meistverbotene Autoren 1821–1848 166
- 3.3.7. Verbote 1792–1848, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 169
- 3.3.8. Meistverbotene Verlage 1792–1848 171
- 3.3.9. Meistverbotene französische Verlage 1792–1848 186
- 3.3.10. Häufigste Verlagsorte 1792–1848 188
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 4. EIN BLICK IN DIE LÄNDER 193
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 4.1.1. Die böhmischen Zensurkommissionen und ihre Zusammensetzung 193
- 4.1.2. Das Nebeneinander der Zensurinstanzen 196
- 4.1.3. Die gescheiterte Zentralisierung (1781–1791) 200
- 4.1.4. Die langsame Professionalisierung und Zentralisierung des Zensurapparats unter Franz II./I 203
- 4.1.5. Prag und Wien im Spannungsfeld der Kompetenzstreitigkeiten 206
- 4.1.6. Die Struktur der Zensur in Böhmen seit 1810 208
- 4.1.7. Unter der Lupe – Analyse der Gutachten 211
- 4.1.8. Probleme der Zensur in den Provinzen – der Fall Böhmen 214
- 4.2. Daniel Syrovy: Die italienischsprachigen Gebiete der Habsburgermonarchie (1768–1848) 216
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 5. DIE THEATERZENSUR 239
- 6. FALLSTUDIEN 259
- 6.1. Periodika 259
- 6.2. Chroniques scandaleuses 269
- 6.3. Die Motive ,Teufel‘ und ,Selbstmord‘ in der verbotenen Literatur 281
- 6.4. Die deutsche Klassik 296
- 6.5. Die Romantiker 321
- 6.6. Historische Romane am Beispiel von Walter Scott 336
- 6.7. Französische und anglo-amerikanische Romanliteratur der 1840er Jahre 347
- 6.8. Geschichtsepik 359
- 6.9. Französische Theaterstücke aus dem Zeitraum 1830–1848 374
- 6.10. Englische Theaterstücke 389
- 7. AUSBLICK 407
- ANHANG 411
- 1. Zensurprotokolle 411
- 2. Verordnungen, Zensur-Richtlinien, Berichte 416
- Mandat betreffend „Sectischer Bücher-Verbott“, ausgegeben von Erzherzog Ferdinand I. von Österreich am 12.3.1523 416
- „Kurze Nachricht von Einrichtung der hiesigen Hofbüchercommission“ vom Februar 1762 418
- Pro Memoria des Professoris Sonnenfels Die Einrichtung der Theatral Censur bet[treffend] [Resolution von Joseph II., vom 15. März 1770] 419
- Gerard van Swieten: Quelques remarques sur la censure des livres (14. Februar 1772) 421
- Zensurverordnung Josephs II., ausgegeben am 1. Juni 1781 427
- Hofdekret vom 20., kundgemacht in Mähren den 28., in Innerösterreich den 30. Jäner, in Gallizien den 3. Februar 1790 431
- Denkschrift Franz Karl Hägelins, gedacht als Leitfaden für die Theaterzensur in Ungarn (1795) 438
- Zensur-Vorschrift vom 12. September 1803. Anleitung für Zensoren nach den bestehenden Verordnungen 462
- Instruktion für die Theaterkommissäre in den Vorstädten von Wien, 5. Dezember 1803 470
- Vorschrift für die Leitung des Censurwesens und für das Benehmen der Censoren, in Folge a. h. Entschließung vom 14. September 1810 erlaßen 474
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS 479
- BIBLIOGRAPHIE 480
- REGISTER 510