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(Die Zensoren müssen bei der Überprüfung der Texte die höchste Eile haben, die mit
der reiflichen Überlegung, was deren Wert betrifft, vereinbar ist.
Werke für das Theater, Komödien und so weiter, die als Manuskript vorgelegt wer-
den müssen, um Druckerlaubnis zu erhalten, müssen in der Regel zumindest inner-
halb acht Tagen begutachtet werden, und schneller, falls dies möglich ist, speziell die
Drammi in musica, deren Texte, aufgrund der ständigen Änderungen, die im Theater
gemacht zu werden pflegen, großteils bis zum Ende der Proben nicht in fertigem
Zustand sind.
Andere Texte, wenn sie sechs Druckbögen umfassen, sollen innerhalb 15
Tagen abge-
schickt werden; wenn das doppelte, innerhalb eines Monats, und so weiter.
Der Termin sei jedoch früher oder später, je nach der größeren oder minderen Bedeu-
tung der Angelegenheit, wobei dazu die Sorgfalt der Zensoren und die Überwachung
des ersten Zensors den Ausschlag gibt, um jeden Anlass einer gerechtfertigten Rekla-
mation zu beseitigen.)113
Dass solche Fristen in der Praxis durchaus von Bedeutung waren, belegt nicht
zuletzt ein Schriftstück, in dem Sedlnitzky im September 1845 neue Anweisun-
gen (mit Sanktion des Kaisers) mitteilte, laut denen „für kleinere Censur Gegen-
stände […] 8 höchstens 10 Tage, für größere Ein Monat, höchstens 6 Wochen
festgesetzt“ wurden.114 Dazu kommt, dass ebendort auch die Kontrolle der Ein-
haltung festgelegt wurde, was natürlich mit zusätzlicher protokollarischer Arbeit
für die einzelnen Beamten verbunden war:
Die Censoren haben über alle ihnen zur Prüfung zugetheilten, und von ihnen erle-
digten Censur Gegenstände ein eigenes Vormerkbuch zu führen, in welches sie nebst
dem Tage des Empfanges und der Abgabe auch ihre motivirten Censur Anträge über
jedes von ihnen behandelte Censurstück eintragen. Eben so haben die Bücher Revi-
sions Aemter die Pflicht, die vorgeschriebenen Vormerkungen in den Protokollen
über die zur Censur geleiteten Handschriften, gedruckten Werke u.
s.
w. hinsichtlich
des Datums, unter welchem jedes solche Stück dem Censor zugestellt, und wann es
von ihm abgegeben worden, ordentlich, genau und verläßlich zu führen, diese Vor-
merkungen öfter aufmerksam durchzusehen, und jene Censoren, welche die ihnen
zugetheilten Censur Objekte über die weiter unten festgesetzte Frist hinaus unerle-
digt laßen, entweder selbst zu betreiben, oder höhern Orts zu diesem Behufe die
Anzeige zu machen, zugleich aber selbst jederzeit darauf bedacht zu sein, daß die
einlangenden Censur Objekte auf dem Amte nicht liegen bleiben, sondern gleich nach
ihrem Einlangen gehörig protokolliert, mit möglichster Beschleunigung an den Censor
gesendet, und zu rechter Zeit bei demselben wieder abgeholt werden.
113 Übersetzung des Verfassers, D. S.
114 ASM, Cancellerie austriache 107b, Normalien 1845, Sedlnitzky an Spaur vom 19.9.1845.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
236 4. Ein Blick in die Länder
Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Titel
- Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Autor
- Norbert Bachleitner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20502-9
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Censorship, Austria, Habsburg monarchy, 18th and 19th century, Zensur, Österreich, Habsburgermonarchie, Geschichte, 18. und 19. Jahrhundert, Literatur
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- VORBEMERKUNGEN 11
- 1. EINLEITUNG 15
- 2. IM DIENST DER AUFKLÄRUNG: DIE ZENSUR ZWISCHEN 1751 UND 1791 41
- 2.1. Die Vorgeschichte: Zensur in der Frühen Neuzeit 41
- 2.2. Die maria-theresianische Zensurkommission 49
- 2.3. Die josephinisch-leopoldinische Epoche 58
- 2.4. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1754–1791 73
- 2.4.1. Verbote 1754–1791 73
- 2.4.2. Verbote 1754–1780, gegliedert nach Sprachen 78
- 2.4.3. Meistverbotene Autoren 1754–1780 79
- 2.4.4. Verbote 1783–1791, gegliedert nach Sprachen 82
- 2.4.5. Meistverbotene Autoren 1783–1791 84
- 2.4.6. Verbote 1754–1791, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 85
- 2.4.7. Meistverbotene Verlage 1754–1791 87
- 2.4.8. Häufigste Verlagsorte 1754–1791 91
- 3. DIE ZENSUR ALS INSTRUMENT DER REPRESSION: DIE ÄRA NAPOLEONS UND DER VORMÄRZ (1792–1848) 93
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 3.1.1. Die Etablierung des polizeilichen Zensursystems 94
- 3.1.2. Die Zensoren 96
- 3.1.3. Die Aktion der Rezensurierung 1803–1805 101
- 3.1.4. Die Jahre der napoleonischen Besatzung und die Zensurvorschrift von 1810 105
- 3.1.5. Die Zensurgutachten: Beispiele aus den Jahren 1810/11 108
- 3.1.6. Die Bücherrevisionsämter 114
- 3.1.7. Die Staatskanzlei 121
- 3.2. Die Zensur im Vormärz (1821–1848) 124
- 3.3. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1792–1848 146
- 3.3.1. Verbote und Zulassungen 1792–1820 148
- 3.3.2. Verbote 1792–1820, gegliedert nach Sprachen 151
- 3.3.3. Meistverbotene Autoren 1792–1820 153
- 3.3.4. Verbote und Zulassungen 1821–1848 157
- 3.3.5. Verbote 1821–1848, gegliedert nach Sprachen 163
- 3.3.6. Meistverbotene Autoren 1821–1848 166
- 3.3.7. Verbote 1792–1848, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 169
- 3.3.8. Meistverbotene Verlage 1792–1848 171
- 3.3.9. Meistverbotene französische Verlage 1792–1848 186
- 3.3.10. Häufigste Verlagsorte 1792–1848 188
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 4. EIN BLICK IN DIE LÄNDER 193
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 4.1.1. Die böhmischen Zensurkommissionen und ihre Zusammensetzung 193
- 4.1.2. Das Nebeneinander der Zensurinstanzen 196
- 4.1.3. Die gescheiterte Zentralisierung (1781–1791) 200
- 4.1.4. Die langsame Professionalisierung und Zentralisierung des Zensurapparats unter Franz II./I 203
- 4.1.5. Prag und Wien im Spannungsfeld der Kompetenzstreitigkeiten 206
- 4.1.6. Die Struktur der Zensur in Böhmen seit 1810 208
- 4.1.7. Unter der Lupe – Analyse der Gutachten 211
- 4.1.8. Probleme der Zensur in den Provinzen – der Fall Böhmen 214
- 4.2. Daniel Syrovy: Die italienischsprachigen Gebiete der Habsburgermonarchie (1768–1848) 216
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 5. DIE THEATERZENSUR 239
- 6. FALLSTUDIEN 259
- 6.1. Periodika 259
- 6.2. Chroniques scandaleuses 269
- 6.3. Die Motive ,Teufel‘ und ,Selbstmord‘ in der verbotenen Literatur 281
- 6.4. Die deutsche Klassik 296
- 6.5. Die Romantiker 321
- 6.6. Historische Romane am Beispiel von Walter Scott 336
- 6.7. Französische und anglo-amerikanische Romanliteratur der 1840er Jahre 347
- 6.8. Geschichtsepik 359
- 6.9. Französische Theaterstücke aus dem Zeitraum 1830–1848 374
- 6.10. Englische Theaterstücke 389
- 7. AUSBLICK 407
- ANHANG 411
- 1. Zensurprotokolle 411
- 2. Verordnungen, Zensur-Richtlinien, Berichte 416
- Mandat betreffend „Sectischer Bücher-Verbott“, ausgegeben von Erzherzog Ferdinand I. von Österreich am 12.3.1523 416
- „Kurze Nachricht von Einrichtung der hiesigen Hofbüchercommission“ vom Februar 1762 418
- Pro Memoria des Professoris Sonnenfels Die Einrichtung der Theatral Censur bet[treffend] [Resolution von Joseph II., vom 15. März 1770] 419
- Gerard van Swieten: Quelques remarques sur la censure des livres (14. Februar 1772) 421
- Zensurverordnung Josephs II., ausgegeben am 1. Juni 1781 427
- Hofdekret vom 20., kundgemacht in Mähren den 28., in Innerösterreich den 30. Jäner, in Gallizien den 3. Februar 1790 431
- Denkschrift Franz Karl Hägelins, gedacht als Leitfaden für die Theaterzensur in Ungarn (1795) 438
- Zensur-Vorschrift vom 12. September 1803. Anleitung für Zensoren nach den bestehenden Verordnungen 462
- Instruktion für die Theaterkommissäre in den Vorstädten von Wien, 5. Dezember 1803 470
- Vorschrift für die Leitung des Censurwesens und für das Benehmen der Censoren, in Folge a. h. Entschließung vom 14. September 1810 erlaßen 474
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS 479
- BIBLIOGRAPHIE 480
- REGISTER 510