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Gnad und alles Gute; Wiewohl Unser Heil. Vater Leo Pabst der Zehend durch
seiner Heiligkeit Bullen die Schriften, Bücher und Lehren, so einer, genannt
Doctor Martin Luther, Augustiner-Ordens zu Wittenberg in Lateinischer und
Teutscher Sprach geschrieben, gepredigt, und in andermännig Weg außgebreit,
als irrig, aufrührig und unserem Heil. Glauben und gemeiner Christenheit wider-
wärtig zu sein erkennt, und allenthalben zu vertilgen gebotten, auch darauf Unser
lieber Herr und Bruder Kayser Karl verschiener Zeit auf dem Reichtage zu
Wormbs mit Rath und Willen der Churfürsten, Fürsten und Ständen des Heil.
Römischen Reiches wider gedachten Martin Luther, seine Bücher, Schriften und
Lehren auch derselben Anhänger und Nachfolger ernstlich Edikt und offen Man-
dat außgehen lassen, daß niemand solch lutherisch und andere verworfene Leh-
ren, die vormahlen von den Concilien und Heil. Vätern mit gemeiner Christli-
chen Kirchen Verwilligung abgethan und verboten sein, in keiner Weg annehmen,
predigen, beschirmen, noch denselben anhängen solle. So ist doch offen vor
Augen und gut männiglich wissend, daß obbemelt Luthers und seiner Nachfol-
ger Bücher, Schriften und Lehren, wider Päbstlich Declaration und Kayserlich
Edikt in unsern nieder-oesterreichischen Landen allenthalben umbgeführt, kauft,
verkauft, gelesen und außgebreit werden, woraus dann viel Irrungen, Zwitracht,
Ungehorsamb und Widerwillen in unserer Christlichen Religion erweckt und
entsprungen sein; zu besorgen, wo wir als Herr und Landesfürst nicht Einsehung
haben wurden, daß dieselben weiter wurtzeln, und dadurch mehrer Unrath ent-
stehen und erwachsen möchte. Damit aber niemand mit solchen lutherischen
Schriften und Lehren verführt, noch in Irrsal gesetzt, auch männiglich bei unserm
Christlichen Glauben Einigkeit und Fried behalten werde; demnach empfehlen
wir euch allen, und euer jeden insonderheit ernstlich gebietend, und wolten, daß
ihr hinfüran keine Schriften, Bücher und Lehren, so von bemeldten Martin
Luther oder seinen Nachfolgern bißhero außgegangen seyn, oder noch künftig-
lichen wider Päbstlich und Kayserlich Verbott außgehen möchten, nicht mehr
annehmet, haltet, kaufet, verkaufet, leset, abschreibet, drucket noch drucken
lasset, noch solches jemand andern zu thun gestattet, wo ihr aber dieselben bei
denen Buchdruckern, Buchführern und Kramern in Unsern nied. oest. Landen
wenig oder viel fail findet, oder sonst ankommet, mit Gewalt nehmet, daß auch
all und jeglicher Aufschlager, Mauthner, Zollner und andere Ambtleut ihr flei-
ßiges Aufsehen haben, und so viel möglichen ist, verhüten, daß solch lutherische
Schriften und Bücher nicht durchgelaßen, sondern von ihnen genommen, und
hierinn nicht anders handlet, noch ungehorsamb erscheinet, bei Vermeidung
unserer Ungnad und Straff. Nemblichen, welche über diß unser Verbott in Unge-
horsamb begriffen, daß dieselbe mit Geld oder in andere Weeg, nach Gelegen-
heit eines jeden Person gestrafft, und solche Straff jederzeit Unserem Groß-Cant-
zler und Hof-Rath Unserer nied. oest. Landen zu Stund angezeigt soll werden.
Aber welcher oder welche Haubt-Leuth, Pfleger, Verweser, Burgermeister, Rich-
2. Verordnungen, Zensur-Richtlinien, Berichte 417
Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Titel
- Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Autor
- Norbert Bachleitner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20502-9
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Censorship, Austria, Habsburg monarchy, 18th and 19th century, Zensur, Österreich, Habsburgermonarchie, Geschichte, 18. und 19. Jahrhundert, Literatur
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- VORBEMERKUNGEN 11
- 1. EINLEITUNG 15
- 2. IM DIENST DER AUFKLÄRUNG: DIE ZENSUR ZWISCHEN 1751 UND 1791 41
- 2.1. Die Vorgeschichte: Zensur in der Frühen Neuzeit 41
- 2.2. Die maria-theresianische Zensurkommission 49
- 2.3. Die josephinisch-leopoldinische Epoche 58
- 2.4. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1754–1791 73
- 2.4.1. Verbote 1754–1791 73
- 2.4.2. Verbote 1754–1780, gegliedert nach Sprachen 78
- 2.4.3. Meistverbotene Autoren 1754–1780 79
- 2.4.4. Verbote 1783–1791, gegliedert nach Sprachen 82
- 2.4.5. Meistverbotene Autoren 1783–1791 84
- 2.4.6. Verbote 1754–1791, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 85
- 2.4.7. Meistverbotene Verlage 1754–1791 87
- 2.4.8. Häufigste Verlagsorte 1754–1791 91
- 3. DIE ZENSUR ALS INSTRUMENT DER REPRESSION: DIE ÄRA NAPOLEONS UND DER VORMÄRZ (1792–1848) 93
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 3.1.1. Die Etablierung des polizeilichen Zensursystems 94
- 3.1.2. Die Zensoren 96
- 3.1.3. Die Aktion der Rezensurierung 1803–1805 101
- 3.1.4. Die Jahre der napoleonischen Besatzung und die Zensurvorschrift von 1810 105
- 3.1.5. Die Zensurgutachten: Beispiele aus den Jahren 1810/11 108
- 3.1.6. Die Bücherrevisionsämter 114
- 3.1.7. Die Staatskanzlei 121
- 3.2. Die Zensur im Vormärz (1821–1848) 124
- 3.3. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1792–1848 146
- 3.3.1. Verbote und Zulassungen 1792–1820 148
- 3.3.2. Verbote 1792–1820, gegliedert nach Sprachen 151
- 3.3.3. Meistverbotene Autoren 1792–1820 153
- 3.3.4. Verbote und Zulassungen 1821–1848 157
- 3.3.5. Verbote 1821–1848, gegliedert nach Sprachen 163
- 3.3.6. Meistverbotene Autoren 1821–1848 166
- 3.3.7. Verbote 1792–1848, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 169
- 3.3.8. Meistverbotene Verlage 1792–1848 171
- 3.3.9. Meistverbotene französische Verlage 1792–1848 186
- 3.3.10. Häufigste Verlagsorte 1792–1848 188
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 4. EIN BLICK IN DIE LÄNDER 193
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 4.1.1. Die böhmischen Zensurkommissionen und ihre Zusammensetzung 193
- 4.1.2. Das Nebeneinander der Zensurinstanzen 196
- 4.1.3. Die gescheiterte Zentralisierung (1781–1791) 200
- 4.1.4. Die langsame Professionalisierung und Zentralisierung des Zensurapparats unter Franz II./I 203
- 4.1.5. Prag und Wien im Spannungsfeld der Kompetenzstreitigkeiten 206
- 4.1.6. Die Struktur der Zensur in Böhmen seit 1810 208
- 4.1.7. Unter der Lupe – Analyse der Gutachten 211
- 4.1.8. Probleme der Zensur in den Provinzen – der Fall Böhmen 214
- 4.2. Daniel Syrovy: Die italienischsprachigen Gebiete der Habsburgermonarchie (1768–1848) 216
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 5. DIE THEATERZENSUR 239
- 6. FALLSTUDIEN 259
- 6.1. Periodika 259
- 6.2. Chroniques scandaleuses 269
- 6.3. Die Motive ,Teufel‘ und ,Selbstmord‘ in der verbotenen Literatur 281
- 6.4. Die deutsche Klassik 296
- 6.5. Die Romantiker 321
- 6.6. Historische Romane am Beispiel von Walter Scott 336
- 6.7. Französische und anglo-amerikanische Romanliteratur der 1840er Jahre 347
- 6.8. Geschichtsepik 359
- 6.9. Französische Theaterstücke aus dem Zeitraum 1830–1848 374
- 6.10. Englische Theaterstücke 389
- 7. AUSBLICK 407
- ANHANG 411
- 1. Zensurprotokolle 411
- 2. Verordnungen, Zensur-Richtlinien, Berichte 416
- Mandat betreffend „Sectischer Bücher-Verbott“, ausgegeben von Erzherzog Ferdinand I. von Österreich am 12.3.1523 416
- „Kurze Nachricht von Einrichtung der hiesigen Hofbüchercommission“ vom Februar 1762 418
- Pro Memoria des Professoris Sonnenfels Die Einrichtung der Theatral Censur bet[treffend] [Resolution von Joseph II., vom 15. März 1770] 419
- Gerard van Swieten: Quelques remarques sur la censure des livres (14. Februar 1772) 421
- Zensurverordnung Josephs II., ausgegeben am 1. Juni 1781 427
- Hofdekret vom 20., kundgemacht in Mähren den 28., in Innerösterreich den 30. Jäner, in Gallizien den 3. Februar 1790 431
- Denkschrift Franz Karl Hägelins, gedacht als Leitfaden für die Theaterzensur in Ungarn (1795) 438
- Zensur-Vorschrift vom 12. September 1803. Anleitung für Zensoren nach den bestehenden Verordnungen 462
- Instruktion für die Theaterkommissäre in den Vorstädten von Wien, 5. Dezember 1803 470
- Vorschrift für die Leitung des Censurwesens und für das Benehmen der Censoren, in Folge a. h. Entschließung vom 14. September 1810 erlaßen 474
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS 479
- BIBLIOGRAPHIE 480
- REGISTER 510