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Inschriftenüberlieferung bis zum Ende des 14. Jahrhunderts | 25
bereits Bernhard Sepp vermutet hat.40 Diese These wird gestützt durch eine Abschrift
von Johannes Turmair, genannt Aventinus, aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts. Er
berichtet von einer (heute leider verschollenen) Inschrift, die sich einst im Salzburger
Dom befunden haben soll und ebenfalls die Namen der Kaiser Marcus Aurelius
Antoninus (Caracalla) und Septimius Severus enthielt.41 Es ist nicht völlig
auszuschließen, dass im 12. Jahrhundert noch eine zweite, ähnliche Inschrift
existierte, die Grundlage für die Notiz in der Passio Sancti Quirini war. Die relativ
genauen Maßangaben der Inschrift im Text sind allerdings nicht als Nachweis für die
Echtheit der zitierten Quelle geeignet. Ein zusätzliches Problem könnte der Name
Fabianus darstellen, da er im Salzburger Inschriftenmaterial bis jetzt nicht bezeugt ist.
Man bedenke jedoch, dass der Hauptzweck der Erwähnung des (angeblichen?)
Fundes wohl darin lag, für das hohe Alter der Stadt Salzburg einen Beweis zu liefern,
denn wer würde schon nachprüfen (können), ob es diesen Fabianus jemals tatsächlich
gegeben hat!42 Sollten die oben zitierten Angaben jedenfalls eine reale Inschrift zur
Grundlage haben, wofür manches spricht, so hätten wir in der Passio secunda
Sancti Quirini die älteste konkrete Nachricht vom Fund einer norischen Inschrift aus
Iuvavum.43
Eine leider nur recht vage Beschreibung römerzeitlicher Überreste enthält die Vita
Sancti Maximiliani, die im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts, vermutlich in Passau,
entstanden ist.44 Nach dieser Legende soll Maximilian gegen Ende des 3. Jahrhun-
derts in seinem Geburtsort Celegia/Celeia (h. Celje) das Martyrium erlitten haben.45
Bevor sich die Vita mit der Person des Heiligen beschäftigt, verliert der unbekannte
Verfasser einige Worte über die Stadt, in der Maximilian gewirkt haben soll: Celeia
40 Sepp, Hl. Rupert 430 mit Anm. 28. Vgl. auch Uiblein, Altertumsforschung 39.
41 CIL III 5536: [Pro salute / imp(erii) cae]s(aris) L. Septimi(i) Seve/ri pii Pertina/cis Aug(usti) Arab(ici) /
Adiab(enici) Parthici / maximi et imp(eratoris) caes(aris) / M. Aurel(ii) Antonini / Aug(usti) ./././././././
/ Iuvav(enses) d(onum) d(ederunt).
42 Iuvavum ist in Wahrheit eine Gründung des Claudius. Aus dem frühen 17. Jh. (als mit der
Popularität römerzeitlicher Inschriften längst auch die Zahl der Fälschungen und Interpolationen
zugenommen hatte), ist ein ähnlicher Fall bekannt: Der Italiener Piloni hat in seiner Istoria di
Belluno (Venetiis 1607) den Text der Inschrift CIL III 4811 aus dem Zollfeld interpoliert, um einen
antiken Beleg für seine Heimatstadt Belluno anführen zu können; siehe CIL III 4811.
43 In Salzburg dürfte es aufgrund der zahlreich vorhandenen Überreste des römerzeitlichen Iuvavum
und der Tradition als Kulturzentrum im süddeutschen Raum eine etwas intensivere Beziehung
zur Vergangenheit gegeben haben. So besitzen wir aus dieser Stadt aus dem ausgehenden 8. Jh.
die früheste literarische Schilderung über ihre römerzeitlichen Überreste. Siehe dazu Uiblein,
Altertumsforschung 30–31, und mit Bezug darauf auch Ott, Entdeckung des Altertums 127–128.
44 Gedruckt bei Hieronymus Pez, Scriptores rerum Austriacarum I, Leipzig 1721, 22–34. Als termini post
bzw. ante quem für die Entstehungszeit des Werkes sind die Jahre 1265 bzw. 1291 anzusetzen. Vgl.
Lhotsky, Quellenkunde 213–214 (dort auch Hinweise auf weiterführende Literatur).
45 Zur versuchten Identifizierung von Celegia/Celeia mit (den Ruinen Carnuntums in der Nähe von)
Petronell v. a. durch Thomas Ebendorfer von Haselbach siehe Uiblein, Altertumsforschung 54–56.
Dort findet sich auch eine plausible Vermutung, wie es zu dieser besonders im 15. Jh. weit ver-
breiteten Anschauung gekommen ist. In seiner Untersuchung zu den Anfängen der Erforschung Car-
nuntums, MIÖG 59 (1951) 95–108, geht Uiblein u. a. der Frage nach, welche Stadt der Autor der
Vita Sancti Maximiliani mit Celeia gemeint hat. Aufgrund der topographischen Kenntnisse des Ver-
fassers der Vita schließt er letztendlich nicht ganz aus, dass dieser bei Celeia doch die Ruinenfelder
des pannonischen Carnuntum vor Augen gehabt hat (Uiblein, Carnuntum 102). Vgl. dazu auch
Niegl, Erforschung der Römerzeit 22.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548