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Inschriftenüberlieferung bis zum Ende des 14. Jahrhunderts | 29
Benediktiner schließlich ermöglichten, das Pseudonym „Bernardus Noricus“ in
Berchtold von Kremsmünster aufzulösen.58
Aus den verschiedenen Bemerkungen und Textstellen in jenen Manuskripten, an
denen Berchtold in irgendeiner Form Hand angelegt hat, lassen sich auch eine ganze
Reihe von Informationen über seine Person und seinen Aufgabenbereich im Rahmen
des monastischen Lebens herauslesen.
Berchtolds Herkunft und der genaue Zeitpunkt seines Eintrittes in das Kloster sind
zwar nicht bekannt, wohl aber der Tag seiner Weihe zum Diakon im Dom zu Passau
(23. Mai 1290) und das Jahr seiner Priesterweihe (1300).59 Bis November 1326 bleibt er
im Stift Kremsmünster nachweisbar – er dürfte vermutlich nicht viel später verstor-
ben sein.60 In der Blütezeit des Klosters unter Abt Friedrich von Aich scheint
Berchtold eine zentrale Rolle gespielt zu haben. Er unternahm einige Reisen, etwa in
das konföderierte Kloster Oberaltaich in Bayern (1314?)61 und im Mai 1319 nach
Avignon zu Papst Johannes XXII., wo er sein Kloster vertreten sollte; diese Mission
spricht zweifellos für seine Fähigkeiten.
In seinem Heimatkloster Kremsmünster lebte er getreu dem Ordensgrundsatz „Ora,
labora et studia“. Schon 1300 verfasste er für das Fest des Stiftspatrons Agapitus inner-
halb von 14 Tagen ein (nicht erhaltenes) Offizium samt der zugehörigen Choral-
melodie.62 Dies sollte nicht das einzige Werk aus seiner Feder bleiben. Eine geordnete
Niederschrift eines Urbars und eines Kopialbuches, ein Verzeichnis der Heiligen und
der Wohltäter des Stiftes63, sowie ein Anniversarienverzeichnis für Kremsmünsterer
Mönche64 lassen den Schluss zu, dass Berchtold auch das Amt des Kustos bekleidet
hat. Vermutlich diente er auch einige Jahre als Scholasticus. Besonders eifrig war
Berchtold im klösterlichen Skriptorium tätig. Wie oben erwähnt, ist in einem Großteil
der erhaltenen Kremsmünsterer Manuskripte aus dem späten 13. und frühen
14. Jahrhundert seine schöne, sorgfältige Hand nachzuweisen. Er fungierte aber nicht
nur als Schreiber, sondern trat auch als Korrektor, Rubrikator und Miniator in Er-
scheinung. Er war in späteren Jahren maßgeblich an der Entstehung einiger Hand-
schriften beteiligt, und zwar mit einiger Sicherheit als Leiter des Skriptoriums.
58 Einzig Ignaz Zibermayr, Das Oberösterreichische Landesarchiv in Linz im Bilde der Entwicklung des
heimatlichen Schriftwesens und der Landesgeschichte, Linz 31950, 13, hegt – m. E. unbegründete –
Zweifel an Neumüllers These.
59 Vgl. Neumüller, Bernardus Noricus 130. Die biographischen Daten im Verfasserlexikon zur deut-
schen Literatur des Mittelalters I (1978) 715 (s. v. Berchtold von Kremsmünster; Artikel von P[aul]
Uiblein) sowie im oben erwähnten Lexikon des Mittelalters beruhen im Wesentlichen auf den
Ergebnissen von Neumüller.
60 Das genaue Todesdatum ist aus dem Kremsmünsterer Nekrolog nicht mit Sicherheit zu ermitteln;
siehe Neumüller, Bernardus Noricus 129.
61 In der autobiographischen Bemerkung im CC 24, fol. 59r, heißt es „circa annum domini
M CCC X IIII“.
62 Die Legenda S. Agapiti und der Sermo S. Agapiti sind dagegen erhalten (CC Cim. 3, fol. 85ra–96vb
bzw. fol. 97ra–104vb).
63 CC Cim. 5, fol. 83rb (Heilige) und fol. 83rb, 83vab (Wohltäter).
64 CC Cim. 5, 46vcd.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548