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60 | Humanistisches Gedankengut im Ostalpenraum
Gewänder, Schmuck, Bewirtung, ortsübliche Freundschaftsdienste und Bräuche) und
persönliche Bemerkungen (sogar über nächtliche Insektenplagen), die mit dem
eigentlichen Reisezweck nichts zu tun haben, in den Text eingeflossen. Auch für die
Anfänge der norischen Inschriftenüberlieferung erweist sich das Werk als sehr
wesentlich, obwohl man dies zunächst aufgrund der Art des Schriftstückes nicht ver-
muten möchte.
Im Folgenden werden die wichtigsten biographischen Eckdaten Santoninos erwähnt,
soweit sie für das Verständnis seines Werkes im vorliegenden Kontext nötig sind.210
Hinsichtlich der Schreibweise wird die italienische Namensform „Santonino“ ver-
wendet, die üblicherweise neben den latinisierten Formen „San(c)toninus“ und „de
San(c)toninis“ verwendet wird.211
Paolo Santonino stammte aus Stroncone im Süden Umbriens, zog später nach Friaul
und erhielt im November 1473 das Bürgerrecht von Udine, was einen festen Wohn-
sitz in dieser Stadt seit zumindest fünf Jahren voraussetzte.212 Über sein juristisches
Studium ist ebenso wenig bekannt wie über seine genauen Lebensdaten. Wir wissen
nur, dass er zum Zeitpunkt seiner Übersiedlung in den Norden Italiens bereits Notar
gewesen ist. In Udine fungierte Santonino vermutlich zunächst als Privatsekretär des
Bischofs von Ferentino, der 1468 Generalvikar des Patriarchats von Aquileia
geworden war213. Zu Ostern 1470 unterzeichnete Paolo Santonino schließlich als
„Cancellarius R. D.ni Gubernatoris“, d. h. als Kanzler des Patriarchats in Udine.214
Santonino hatte sich in dieser bedeutenden Stellung mehr als zwanzig Jahre bestens
bewährt, ehe es im Jahre 1494 durch einen personellen Wechsel im Amte des
Patriarchen von Aquileia zu einer Kontroverse kam, in deren Verlauf Santonino sein
Amt verlor. Dabei konnten ihm weder sein hohes Ansehen beim Kapitel von
Aquileia noch die Interventionen seines einflussreichen Freundes Sabellico nützen.215
Nach einigen wechselvollen Jahren finden wir Santonino erst 1506 wieder in seinem
zum 950-Jahr-Jubiläum der Pfarrkirche St. Daniel in Dellach aufgeführt wurde. Erstaunlich wenig
Beachtung fand das itinerarium dagegen bei Lhotsky, Quellenkunde 421, der sich mit einem Hin-
weis auf die oben genannte Textedition von Giuseppe Vale und das Incipit des Codex begnügte.
210 Santoninos Biographie und berufliches Wirken wurde umfassend aufgearbeitet von Vale, Santo-
nino. Eine Zusammenfassung mit kleinen Ergänzungen bietet Hundsbichler, Santonino 8–14.
211 Der Autor spricht von sich selbst wiederholt von „Paulus Sanctoninus“: Vgl. Cod. Vat. Lat. 3795,
fol. 1r, 58r, 138v. Weitere Belege, auch für die übrigen Namensformen, listet Hundsbichler, Santo-
nino 8, Anm. 26–29, auf (unter Bezug auf Vale, Santonino).
212 Vale, Santonino 103–104, stützt sich bei dieser Angabe auf die „Statuti e ordinamenti del Comune di
Udine“.
213 Diese plausible Vermutung äußert Hundsbichler, Santonino 9.
214 Siehe Vale, Santonino 13; und Hundsbichler, Santonino 9–10.
215 Vgl. Vale, Santonino 111–116.
Marco Antonio Coccio Sabellico hörte Vorlesungen von Pomponio Leto in Rom, ehe er Schulrektor
in Udine wurde und neben seiner Unterrichtstätigkeit zahlreiche historische Werke verfasste, die
früh gedruckt wurden: Nach einer ersten, unvollständigen Textausgabe in zwei Bänden (1538)
erschienen seine Opera omnia 1560 in Basel. Seine „Istorie Veneziane“ wurden später auch von
Apostolo Zeno herausgegeben und mit einer von ihm verfassten Marci Antonii Coccii Sabellici Vita
ergänzt: Degl’istorici delle cose veneziane i quali hanno scritto per Pubblico Decreto I, Venezia 1718,
XXIX–LXVII.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548