Seite - 79 - in Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi - Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
Bild der Seite - 79 -
Text der Seite - 79 -
Humanistisches Gedankengut im Ostalpenraum | 79
in Freising303 besonders in seiner engen Verbindung zu Konrad Peutinger deutlich.
An dessen Sammlung von Augsburger Inschriften nahm Celtis regen Anteil und
forderte den Freund brieflich sogar zu einer raschen Drucklegung auf, der Peutinger
alsbald nachkam.304 Das Haus des Augsburgers betrachtete Celtis offenbar als eine
Art Fixpunkt in seinem Wanderleben und brachte bei ihm eine Menge Bücher und
andere Sachwerte unter. Diese Vermutung wird durch das abschriftlich erhaltene
Testament vom 24. Jänner 1508 bestätigt, in dem Celtis ausdrücklich den weiteren
Verbleib seines bei Peutinger befindlichen Besitzes regelt.305 Paul Joachimsen meinte
sogar, Celtis werde fast bei jedem Besuch „ein literarisches oder antiquarisches
Beutestück“ mitgebracht haben, verzichtet aber leider auf genauere Angaben.306 Ge-
wiss ist nur, dass es sich bei einem dieser Beutestücke um jene antike Straßenkarte
gehandelt hat, die nicht durch ihren Entdecker Celtis namentlich bekannt geworden
ist, sondern durch ihren späteren Besitzer als „Tabula Peutingeriana“.307
In der Inschriftensammlung von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius308
wird auf den Seiten 385 bzw. 451 in den Überschriften zu zwei Bilddarstellungen in
jeweils rundem Doppelrahmen Konrad Celtis als Finder genannt. Im ersten Fall
handelt es sich um ein Bleiplättchen („plumbea lamina“), das Celtis „in Stiria in Colle,
in quo est Ecclesia circa Sanctum Andream Anno M.D.“ gefunden haben soll.309 Das Bild
stellt einen Mann, einen Totenschädel und einen geflügelten Putto dar und betitelt
die Figuren unpassenderweise mit den Namen der drei Parzen Clotho, Lachesis und
Atropos. Diese schon vor langer Zeit als unantik bezeichnete Darstellung310 findet
sich nach aktuellen Forschungsergebnissen von Christopher Wood in auffällig ähn-
licher Form auf den Rückseiten von zwei Medaillen italienischer Künstler aus den
Jahren 1458 bzw. 1466 sowie auf einem Marmormedaillon an der Fassade des
303 Rupprich, Celtis-Briefe Nr. 146.
304 Die Sammlung der Augsburger Inschriften wurde 1505 gedruckt. Ursprünglich hätte auch dieser
Brief von Konrad Celtis samt Peutingers Antwort publiziert werden sollen, wie aus seiner eigen-
händig verfassten Druckvorlage hervorgeht, die als CLM 4028 in der Bayerischen Staatsbibliothek
München erhalten geblieben ist. Vgl. Rupprich, Celtis-Briefe Nr. 329 und 330, bzw. König,
Peutinger-Briefe Nr. 34 und 35.
305 Eine kommentierte Ausgabe des Celtis-Testamentes nach der Abschrift des Liber testamentorum
universitatis Viennensis 1504–1551 (h. Archiv der Universität Wien, Codex R 32.1, alt: Cod. 22)
findet sich bei Rupprich, Celtis-Briefe 603–609 (Nr. 338).
306 Joachimsen, Geschichtsauffassung 118.
307 In seinem Testament bezeichnete Celtis die Karte als „Itinerarium Antonini Pii“ (siehe Rupprich,
Celtis-Briefe 606 und 608, Nr. 338). In Peutingers eigenem Bibliotheksinventar lautet der ent-
sprechende Eintrag „Antonini itinerarium – hoc idem in Charta Longa a Celti nobis Testeamento legata“;
siehe Künast/Zäh, Peutinger-Kataloge I 580, sowie Ekkehard Weber, Tabula Peutingeriana. Codex
Vindobonensis 324, Kommentarband, Graz 1976, 9, und Richard J. A. Talbert, Rome´s World. The
Peutinger Map Reconsidered, Cambridge 2010, bes. 12–13.
308 Inscriptiones sacrosanctae vetustatis, Ingolstadt 1534.
309 Zajic, Gedruckte Inschriftensammlungen 184, identifiziert diese Ortsangabe mit der Pfarrkirche
St. Andrä im Sausal (Gemeinde St. Andrä-Höch im südoststeirischen Hügelland).
310 Siehe K[onrad] Bursian, Die Antikensammlung Raimund Fuggers. Nebst einem Excurs über einige
andere in der Inschriftensammlung von Apianus und Amantius abgebildete antike Bildwerke, in: Sitz.-Ber.
d. philos.-philol. Kl. der Königl. bayer. Akad. d. Wiss. 1874, H. 1, 133–160, hier: 158–160. Siehe
auch Kap. 10.5.3.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548