Seite - 93 - in Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi - Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
Bild der Seite - 93 -
Text der Seite - 93 -
Humanistisches Gedankengut im Ostalpenraum | 93
Antike und ihre gegenständlichen Überreste (v. a. Münzen und Inschriften), beide
sammelten derartige Originale in ihren Häusern387, beide waren im engsten Umfeld
von Kaiser Maximilian I. tätig und wurden von ihm als Sachverständige in numis-
matischen und epigraphischen Fragen herangezogen.388
Johannes Fuchsmagen hat nachweislich auch Textkopien von Inschriften an inter-
essierte Zeitgenossen vermittelt. In Konrad Peutingers handschriftlicher Inschriften-
sammlung, in der sonst keine Quellen genannt werden, scheint sein Name unge-
wöhnlich deutlich auf: „D(octor) Jo(annes) Fuchsmag misit“ bzw. abgekürzt „D.F.M.“
ist in zwei Abschnitten des Manuskripts auf jeweils einigen Blättern am oberen Rand
zu lesen.389 Der Beginn der von Fuchsmagen übermittelten Inschriften ist in beiden
Passagen auch kodikologisch hervorgehoben: Konrad Peutinger wählte hier eine
neue Form der Rubrizierung, die allerdings von Inschrift zu Inschrift immer flüch-
tiger wird.390
Die von Fuchsmagen übermittelten Abschriften auf fol. 27v-31r im 2° Cod. H 24
stammen von Steindenkmälern Italiens, überwiegend aus Rom, dazwischen eine aus
Bologna und elf aus Padua.391 Die Ortsangaben für die auf fol. 50r und 50v über-
lieferten Inschriften nennen verschiedene Städte in Mittel- und Süditalien (darunter
Spoleto, Viterbo, Benevent) sowie Istrien (Triest, Pula). Während die Abfolge der
Inschriften im ersten Teil (fol. 27v–31r) durchaus noch einen realen Reiseverlauf als
Grundlage haben könnte, trifft dies für den zweiten Teil (fol. 50r-v) keinesfalls zu. Die
sprunghafte Anordnung der Inschriften weist vielmehr auf eine (mehrfach?) weiter-
gereichte Quelle hin. Es scheint sich zumindest in diesem Codexteil um eine
homogene, in einem übermittelte Zusammenstellung römerzeitlicher Inschriften zu
handeln. Wie im übrigen Teil der Peutinger-Handschrift liegt in den beiden
relevanten Abschnitten eine jeweils in Minuskeln geschriebene Abfolge von kurzen
nominalen Ortsangaben und zugehörigem Inschrifttext vor. Zeilentrennungen
wurden nicht eingehalten, doch erlauben die Berücksichtigung von Ligaturen und
387 Das Vorbild ist hier mit einiger Sicherheit in Giulio Pomponio Leto (Iulius Pomponius Laetus) und
seinem Haus in Rom zu sehen. Vgl. auch Ott, Entdeckung des Altertums 112, mit Bezug auf Busch,
Antikensammlungen 12–13. Derartige Originalsammlungen zeigen deutlich, dass das Bewusstsein
für die Bedeutung des Fundortes von Inschriften noch kaum entwickelt war; die antiken Steine
wurden zwar (auch) im Bestreben gesammelt, sie der Nachwelt zu erhalten, aber in den wenigsten
Fällen wurde ihre Herkunft dokumentiert.
388 „Den stain zu Gretz pas suechen oder den Fuxmagen fragen“ lautet ein Vermerk im kaiserlichen
Gedenkbuch der Jahre 1506–1508: siehe Uiblein, Altertumsforschung 67, und Baltl, Maximilian I.,
144. Ott, Entdeckung des Altertums 107, nennt als „weiteres paralleles Anliegen“ von Fuchsmagen
und Peutinger die Zusammenstellung von Kaiserbiographien.
389 SuStBA, 2° Cod. H 24, fol. 27v, 28r, 28v, 29v, 30r, 30v, 31r, jeweils am oberen Blattrand in roter bzw.
schwarzer Tinte. Auf fol. 29r fehlt dieser Hinweis, doch ist dies offensichtlich nur ein Versehen
Peutingers. Die Möglichkeit, dass der Vermerk beim Binden dieses Blattes bzw. dieser Lage weg-
geschnitten wurde, kommt aufgrund der äußeren Codexmerkmale hier nicht in Betracht.
Auch auf fol. 50r und 50v ist am oberen Rand der Vermerk „Do Jo Fuchsmag misit“ zu lesen.
390 Dieser Teil des Cod. 2° H 24 stammt aus Peutingers eigener Hand; vgl. die Beschreibung dieser
Handschrift in Kap. 8.1.
391 Auch die u. a. von Petrarca fehlinterpretierte Grabinschrift des T. Livius Halys (CIL V 2865) befin-
det sich darunter.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548