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102 | Augustinus Prygl Tyfernus
Tyfernus blieb während seines Aufenthaltes in Süditalien offenbar ausreichend Frei-
zeit für die Erforschung der kampanischen Altertümer, während Christoph Raubar
mit diplomatischen Aufgaben befasst war. So enthält die Inschriftensammlung des
Augustinus Tyfernus nicht wenige Denkmäler aus Neapel, Capua und Puteoli. Die
antiquarisch-epigraphischen Streifzüge durch das Land verliefen allerdings nicht
ohne Schwierigkeiten. Ein Zwischenfall hätte ihn nach eigenen Worten sogar beinahe
das Leben gekostet: Als er sich in der Nähe von Neapel in der Kirche befand, in der
die Reliquien des hl. Maurus aufbewahrt werden, um die Inschrift CIL X 3731 zu
sehen, „do hetten mich die pauern schier erschlagen sy mainten ich wolt den hailgen stelen,
unnd die kirch ist tag und nacht offen gestanden, das die schwein und kie eingangen sein.
Anno MDVII die S. Gregorii [= 12. März]“.430
Den kampanischen Altertümern brachte Augustinus Tyfernus allgemein großes
Interesse entgegen. So richtete er einmal an einen älteren Mann, der ihn von Neapel
nach Puteoli begleitet hatte, die Frage, ob es darüber nichts Schriftliches gäbe.
Tyfernus erfuhr daraufhin, dass vor rund 30 Jahren eine kleine Schrift über die
Sehenswürdigkeiten von Puteoli herausgegeben worden sei. Allerdings wisse der
Einheimische nicht, ob von diesem Werk noch ein Exemplar existiere. Nach langer
Suche fiel Tyfernus schließlich in Neapel das lang gesuchte opusculum in die Hände:
Es wurde von Franciscus Aretinus (eig. Francesco Accolti) verfasst und trug den Titel
Libellus de mirabilibus civitatis Puteolorum et locorum vicinorum ac de nominibus virtutis-
que Balneorum ibidem existentium, gedruckt in Neapel am 31. Dezember 1475.431
Da sich auch Bischof Raubar und der ebenfalls am Hof Ferdinands weilende Propst
von Xanten, Luca de Renaldis, für den Inhalt der Schrift interessierten, fasste
Tyfernus den Entschluss zu einer Neuauflage. Er wollte – wie er in dem der zweiten
Edition vorangestellten Brief an den Drucker Sigismund Mair selbst sagt – das Büch-
lein vor allem „Germanis nostris“ widmen, die als einzige Nation den antiken Sehens-
würdigkeiten gegenüber stets größte Neugier zur Schau gestellt hätten.432 Tyfernus
hat die Schrift nicht nur überarbeitet, sondern auch mit vielen Zusätzen aus eigenen
Forschungen versehen, was er nicht verhehlt: „Addidi quaedam et ea non pauca“, heißt
es in dem Brief weiter unten. Ferner bittet er Sigismund Mair, das Büchlein so rasch
als möglich in seine Druckerwerkstätte zu bringen, da Raubar und er kurz vor der
Rückreise nach Rom stünden. Die zweite Auflage des Libellus de mirabilibus wurde
schließlich am 1. Juni 1507 gedruckt, womit sich die Abreise aus Kampanien unge-
fähr datieren lässt.
430 CVP 3528, fol. 42r. In CVP 3492, fol. 38v, ist der in deutscher Sprache geschriebene Zusatz nicht
enthalten, nur die Inschrift und die lateinische Ortsangabe: „In agro Aversano a Neapoli XVI miliar.
in villa a la Pontana in ecclesia Sancti Mauri episcopi cuius corpus ibidem quiescit.“ Vgl. auch CIL III,
S. 479.
431 Vgl. Jacques-Charles Brunet, Manuel du libraire et de L'amateur de livres 2; Paris 51861, 1374–1375.
432 Eine Reproduktion dieses Briefes bietet Simoniti, Humanizem na Slovenskem 99 (abschriftlich bei
Simoniti, Sloven. Humanismus 123–124).
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548