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122 | Augustinus Prygl Tyfernus
Augustinus Tyfernus zu zweifeln, ist eine Einreihung der Inschrift unter die Kärnt-
ner Denkmäler weiterhin in Betracht zu ziehen.529
Ein weiteres Denkmal (CIL III 5631) stammt aus Oberösterreich, und zwar aus Ovila-
va (h. Wels). In diesem Fall hat Tyfernus allerdings zweifellos auf eine fremde
Abschrift zurückgegriffen, worauf allein die für ihn untypische Wiedergabe in
Minuskeln hinweist.530 Die Zuweisung Aventins, wonach die Inschrift CIL III 5654
aus Traismauer in Niederösterreich ebenfalls von Tyfernus kopiert worden sein
soll531, hat bereits Mommsen als Irrtum Aventins klassifiziert.532 Der Schwerpunkt
von Tyfernus’ Sammeltätigkeit lag eindeutig in den Ländern Krain und (Unter-)
Steiermark.
Um die Zuverlässigkeit von Tyfernus’ Kopien norischer Inschriften beurteilen zu
können, ist der Frage nachzugehen, ob er wie bei der oben genannten Welser
Inschrift häufig Quellen benutzt oder überwiegend direkt vom Original abgeschrie-
ben hat. Zu ihrer Beantwortung erscheint es nötig und sinnvoll, zunächst einen
kurzen Blick auf das Vorwort und seine zahlreichen Abschriften nicht-norischer
Denkmäler zu werfen.
Im Vorwort zur Sammlung erklärt Augustinus Tyfernus offen, dass er nicht alle von
ihm überlieferten Inschriften mit eigenen Augen gesehen hat. Konkret nennt er
Iucundus als Quelle.533 Damit ist Fra Giovanni Giocondo aus Verona (um 1435–1515)
gemeint, den Tyfernus möglicherweise bereits während seines Studienaufenthaltes
in Padua kennen gelernt hat. Die beiden Männer verband nicht nur die gemeinsame
Liebe zu den antiken Inschriften, sondern auch zur Architektur, wobei Giocondo auf
diesem Gebiet zweifelsohne der erfolgreichere war.534 Tyfernus lobt ihn im Vorwort
zu seiner Sammlung fast überschwänglich: „Antiquitate indaganda diligentissimus et
acutissimus omnium qui in hac re studium posuerunt umquam“.535 Allerdings hat
Giocondo die Zeilentrennung bei den Inschriften trotz im Übrigen sorgfältiger
Kopien nicht beachtet, was Tyfernus nach seinen eigenen Worten daran hindert,
diese Denkmäler so wirklichkeitsgetreu wiederzugeben, als ob er sie mit eigenen Au-
gen gesehen hätte. Er will die ihm übermittelten Abschriften aber genau in der Form
wiedergeben, in der er sie erhalten hat, ohne eine überflüssige Kleinigkeit wegzu-
529 Auch Ekkehard Weber hat sie aus diesem Grund nicht unter die RISt aufgenommen. Lupa 2439
nennt indes Bad Aussee als möglichen Fundort mit Bezug auf die in der vorherigen Anmerkung
erwähnte Stelle bei Muchar bzw. Manfred Hainzmann, Peter Schubert (Hrsg.), Inscriptionum Lapi-
darum Latinarum Provinciae Norici usque ad annum MCMLXXXIV repertarum (ILLProN) indices I,
Berlin 1986, 19 (Nr. 349).
530 Siehe auch Kap. 5; 7.4.1; 10.3 und 11.2.
531 CLM 1560, fol. 174: „Augustinus Tyfernus hats funden.“
532 Vgl. das Lemma zur Inschrift CIL III 5654.
533 CVP 3528, fol. 17r.
534 Nachdem Fra Giocondo in Paris in königlichem Auftrag u. a. für die Konstruktion des Pont Notre
Dame und des Petit Pont verantwortlich gezeichnet hatte, wurde er 1513 als Stellvertreter des er-
krankten Bramante zum Bau der Peterskirche in Rom berufen, ein knappes Jahr später wurde er
neben Raffael gleichberechtigter Capomaestro.
535 CVP 3528, fol. 17r.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548