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138 | Augustinus Prygl Tyfernus
Obwohl die Quellen hinsichtlich Tyfernus’ Kontakten zu Zeitgenossen nur mäßig
ergiebig und in den publizierten Briefsammlungen relevanter Humanisten keinerlei
verwertbare Spuren zu finden sind, konnte ein Gesamtbild von einem gewissen-
haften, vielbeschäftigten und vielseitigen Humanisten gezeichnet werden, der in den
höchsten gesellschaftlichen Kreisen seiner Zeit verkehrte. Es war bereits davon die
Rede, dass er im Jahre 1506 im Stift Rein eine Inschrift kopierte, als sich der Kaiser im
benachbarten Graz aufhielt. Umso auffälliger ist es, dass in seiner epigraphischen
Sammlung jeglicher Hinweis auf die Verlegung des Brandgrabes aus dem antiken
Flavia Solva am 20. April 1506 fehlt, die durch eine Gedenkinschrift des Kaisers
dokumentiert ist.583 Tyfernus’ Handschriften schweigen ebenso hinsichtlich jener fünf
Inschriften, die vor bzw. um die Jahrhundertwende in die Grazer Burg gebracht wur-
den.584 Hätte er sich diese entgehen lassen, wenn er sie nicht schon in einer anderen,
älteren Sammlung enthalten wüsste oder davon ausgehen hätte können, dass sich ein
anderer Humanist dieser Inschrifttexte annehmen würde? Und was ist mit dem
bemerkenswertesten Fund des frühen 16. Jahrhunderts, dem sogenannten Jüngling
vom Magdalensberg (CIL III 4815)? Es ist anzunehmen, dass Tyfernus Kenntnis von
diesem herausragenden Fundstück hatte, auch wenn davon jegliche Spur in den er-
haltenen Abschriften seiner Inschriftensammlung fehlt.585
Es bleiben also zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu Augustinus Tyfernus einige Fragen
offen, die im Verlauf der vorliegenden Arbeit nochmals begegnen werden. Mit
Sicherheit kann indes festgehalten werden, dass der Form, in der seine Sammlung
heute vorliegt, keine topographische Intention zugrunde liegt. Die Arbeit steht viel-
mehr in der Tradition des Ciriaco d’Ancona und ist nicht zuletzt aufgrund der ver-
schiedenen benutzten Quellen, der enthaltenen Fundnotizen, Anekdoten und Be-
merkungen dem Typus der epigraphisch-antiquarischen Handschrift zuzuordnen.586
Besondere Kennzeichen sind die außerordentliche Zuverlässigkeit und Genauigkeit,
auch wenn diese nur noch indirekt – durch die beiden Abschriften – greifbar sind. Im
direkten Vergleich ist freilich den Codices 3492 und 3540 gegenüber CVP 3528 ein
kleiner Vorzug zu geben.
583 Dazu Kap. 3.2 und 8.2.
584 CIL III 5215, 5425, 5698, 5699 und 5701. Siehe Kap. 3.2.
585 Stanko Kokole (Universität Ljubljana) beschäftigte sich u. a. mit dieser Frage im Rahmen seiner
Studien zur Geschichte der Jünglingsstatue und vermutet sogar, dass „Tyfernus der erste Sachver-
ständige war, der die Statue und den Schild mit der Inschrift mit eigenen Augen sah.“ Vgl. die Zu-
sammenfassung seines Vortrages „La fortuna critica di un’insigne statua antica: appropriazioni,
interpretazioni e valutazioni dell’effebo di Magdalensberg nella prima età moderna.” Online im Internet
(URL): http://www.associazione.de/burckhardt-preis2004.php [abgerufen am 31.08.2015].
586 Vgl. Kap. 2.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548