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Der sogenannte Antiquus Austriacus | 143
der Fall gewesen zu sein. Sie taucht im CVP 3528 zunächst auf fol. 64r,4 mit vollstän-
digem Text auf. Bei der zweiten Autopsie durch Tyfernus, deren Ergebnis auf
fol. 65r,3 zu finden ist, war offensichtlich das Textfeld am linken oberen Rand nicht
mehr lesbar oder verdeckt. Dieses Manko glich der Antiquar durch die Berück-
sichtigung des zugehörigen Reliefs aus. Grundsätzlich sind die Wiedergaben des
Augustinus Tyfernus im Vergleich zu jenen des „Antiquus Austriacus“ als die (noch)
besseren zu bezeichnen.
Für folgenden Umstand konnte bislang noch keine (ausreichende) Erklärung gefun-
den werden: Im Falle des sogenannten Jünglings vom Magdalensberg (CIL III 4815)
und der fünf Inschriften, die vor bzw. um die Wende zum 16. Jahrhundert in die
Grazer Burg gebracht wurden609, ist im CIL einzig bei einem Stein aus Celeia
(CIL III 5215) „Antiquus Austriacus“ als (Erst-)Beleg angegeben. Sollten diese Fund-
stücke von beiden auctores zumindest auf dem Papier unbeachtet geblieben sein?
Oder waren sie in verlorenen respektive nicht rekonstruierten Teilen dieser Samm-
lungen enthalten?
Auch im Zusammenhang mit der mehrfach überlieferten und erhaltenen Inschrift
CIL III 5631 aus Ovilava (h. Wels in Oberösterreich) sind noch einige Fragen offen.
Mommsen meinte nachweisen zu können, dass Augustinus Tyfernus in diesem einen
Fall von einer Abschrift des „Antiquus Austriacus“ abhängt.610 Sicher ist vorerst nur,
dass dieses Denkmal von Tyfernus keinesfalls im Original gesehen wurde: Erstens ist
dieser Text unüblicherweise in Minuskeln geschrieben worden und enthält senk-
rechte Striche, die – abweichend vom Original – wohl die Zeilentrennung der Quelle
anzeigen.611 Weiters weist er eine falsche Ortsangabe auf („Non longe a Schwatz“) und
darüber hinaus entgegen seiner sonstigen Arbeitsweise einige Fehler, die auf eine
(mehrfach weitergereichte?) Quelle hinweisen.612 Wenn Augustinus Tyfernus hier
tatsächlich vom sogenannten Antiquus Austriacus abhängt, sind wir erneut bei der
Ausgangsfrage nach dessen Identität angelangt: Wer – außer Augustinus selbst –
könnte ähnlich eifrig Inschriften aus Noricum und Oberpannonien gesammelt
haben?
1. Es muss jemand gewesen sein, der ebenso sorgfältig wie Tyfernus gearbeitet hat,
denn Mommsen hatte den Abschriften des „Antiquus Austriacus“ als auch jenen von
Tyfernus dieselbe hohe Beweiskraft attestiert wie erhaltenen Denkmälern.613
2. Es muss jemand gewesen sein, dessen Sammlung Tyfernus gut kannte614 bzw. die
er vielleicht sogar (zeitweise?) vor sich liegen hatte, denn wie bereits dargelegt
609 CIL III 5215, 5425, 5698, 5699 und 5701.
610 CIL III 5631: „Augustinus, qui in hoc titulo videtur pendere item ab Antiquo Austriaco“.
611 CVP 3528, fol. 63v,2.
612 Die Abschrift enthält zwei zusätzliche Ligaturen für „ET“ in Z. 2 und 5, die dem Original nicht
entsprechen, während die Kennzeichnung des hochgestellten „V“ in „CAMPESTRINVS“ (Z. 1)
fehlt. Weiters sind abweichend festzustellen „con“ für „COS“ in Z. 4, „Canabiano“ für
„CANDIDIANO“ in Z. 5/6 und „be“ für „BF“ in Z. 6.
613 Vgl. CIL III, S. 479b.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548