Seite - 145 - in Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi - Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
Bild der Seite - 145 -
Text der Seite - 145 -
Der sogenannte Antiquus Austriacus | 145
Möglichkeit, der bisher noch kaum Beachtung geschenkt wurde. Dass die rekonstru-
ierte Sammlung von einem anderen Humanisten fortgeführt bzw. erweitert wurde,
hat Theodor Mommsen zumindest bereits eingeräumt, indem er als Erstbeleg für
insgesamt vier Inschriften „Antiquus Austriacus vel is qui eum auxit“ oder Ähnliches
angibt.618
In epigraphischen Belangen pflegte Fuchsmagen nicht zuletzt mit Augustinus
Tyfernus engen Kontakt, wie Zeugnisse für einen wechselseitigen Materialaustausch
belegen. Aus diesem Grund müssen beide Humanisten die Sammlungen des jeweils
anderen gut gekannt haben.619 Zudem haben sich weitere Berührungspunkte zwi-
schen den beiden Männern als sehr wahrscheinlich erwiesen: Es sprechen einige An-
haltspunkte dafür, dass Tyfernus eine Giocondo-Handschrift aus Fuchsmagens
Besitz teilweise als Quelle benutzt hat620 und Fuchsmagen wiederum mit der Ent-
stehung der erhaltenen Abschriften der Augustinus-Sammlung in Zusammenhang
zu bringen ist.621
Die Tatsache, dass Fuchsmagen selbst aktiv an einer wie auch immer gearteten
Sammlung gearbeitet hat, ist aus einer Äußerung von Augustinus Tyfernus zu
schließen: Er bedankt sich nämlich bei seinem hochrangigen Bekannten ausdrücklich
für „elegia lapidum vetustorum, que ipse Fuchsmag colligerat“.622 Damit werden kaum
nur bescheidene Ergänzungen in der umfangreichen Sammlung eines Zeitgenossen
oder die von ihm so gerne praktizierten Marginaleintragungen in diversen Codices
gemeint sein, die durchaus auch einzelne Inschriftenkopien enthielten.623
Ein weiteres gewichtiges Indiz, das für einen Zusammenhang von Johannes Fuchs-
magen mit der rekonstruierten Sammlung des sogenannten Antiquus Austriacus
spricht, sind seine biographischen Daten: Als Augustinus Tyfernus in den 70er
Jahren des 15. Jahrhunderts geboren wurde, hatte Fuchsmagen seine Studien in Frei-
burg bereits aufgenommen oder gar abgeschlossen. Durch intensive Kontakte zu
führenden Humanisten nicht zuletzt im kaiserlichen Umfeld konnte er sein Interesse
für die Antike ausdehnen und vertiefen. Ab 1493 lag Fuchsmagens Lebensmittel-
618 CIL III 4071, 5154, 5234 und 5262. Bei diesen vier Inschriften hatte Mommsen diese gemeinsame
Quelle anhand der Belegstellen von Choler und Apianus/Amantius erschlossen, während er
Peutingers Kopien auf Abschriften von Augustinus Tyfernus zurückführte. Bei zwei weiteren
Inschriften, die nach damaligem Wissensstand nur von Choler und Apianus/Amantius überliefert
wurden, findet sich eine abweichende Formulierung, welche die Inschriften der „Antiquus-
Austriacus-Sammlung“ zuweist: „Antiqui Austriaci exemplum proponunt Cholerus [...] et Apianus [...]“
(CIL III 5671) bzw. „Antiquus Austriacus (scilicet Cholerus et Apianus)“ (CIL III 263*=V 711). Im Fall
der Inschriften CIL III 3846 und 3852 werden im CIL nur Choler und Apianus/Amantius bzw.
„Apianus eodemque exemplo Choler“ als Erstbeleg genannt, obwohl diese nach Mommsens Kriterien
aufgrund ihrer Ähnlichkeiten zumindest ebenfalls zur erweiterten „Antiquus-Austriacus-Samm-
lung“ hätten gerechnet werden müssen.
619 Siehe Kap. 3.4 und 4.3.
620 Siehe Kap. 4.3.
621 Siehe Kap. 4.2.
622 ULBT, Cod. 664, fol. 144v.
623 Siehe Kap. 3.3.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548