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156 | Codex Vindobonensis Palatinus 3255*
Kopist der Stuttgarter Handschrift größere Schwierigkeiten hatte als die entspre-
chende Hand im Wiener Codex.667 Die Hand des Stuttgarter Codex ist generell plum-
per und plagte sich sichtbar mit der Abschrift des doch diffizilen Materials. Wie
bereits erwähnt, wurden (Rand-)Bemerkungen im CVP 3255* als solche übernom-
men, während sie im CS hist. 4° 316 in den Lauftext integriert wurden.668 Der
CVP 3255* ist auch hinsichtlich der Wiedergabe von Zeichnungen wesentlich ge-
nauer: Wie in der (sonst unvollständigeren) Darmstädter Abschrift sind etliche
Inschriften als cippus o. ä. bildhaft dargestellt.669 Im Stuttgarter Codex wurde an
diesen Stellen hingegen nur der Inschrifttext in größeren Buchstaben geschrieben.
Bei Vergleichen zwischen dem CVP 3255* und dem Cod. Vat. Lat. 3616 fallen große
Ähnlichkeiten bei der stilistischen und farblichen Gestaltung der Handschrift auf.
Eine wesentliche Bedeutung bei diesen Vergleichen kommt den eben erwähnten
kolorierten Zeichnungen zu. Insbesondere die Darstellung eines Ankers unter der
Inschrift IG XIV 1729 weist auffallende Parallelen in Farbe, Form und Stil auf.670
Zusätzlich ist ein ähnlicher Schriftduktus von der (Haupt-)Hand I im CVP 3255* und
der Hand des Cod. Vat. Lat. 3616 festzustellen. Es ist also neben der inhaltlichen
Zusammengehörigkeit auch eine formale Verbundenheit zu konstatieren. Da wir
bereits wissen, dass beim Kopieren der im CVP 3255* vorliegenden Sammlung
versucht wurde, nahe am Original zu bleiben, muss auch der Archetyp der Licinius-
Sammlung ein ähnliches Erscheinungsbild aufgewiesen haben. Die von Christian
Hülsen erstellte tabellarische Übersicht ermöglicht weitere Vergleiche, die zur Fest-
stellung führen, dass der Wiener Codex auch die heute in Uppsala befindliche
Abschrift an Vollständigkeit übertrifft.
Inhaltliche und formale Kriterien zusammengenommen, präsentiert sich die Licinius-
Sammlung im CVP 3255* demnach als die beste Abschrift. Zugleich dürfte sie mit
einer Entstehungszeit um bzw. bald nach 1500 die jüngste derzeit bekannte Kopie
sein – der Codex 49 aus der Universitätsbibliothek Uppsala wurde nach Hülsen um
1490 in Italien verfasst, CS hist. 4° 316 ebenfalls dort gegen Ende des 15. Jahrhun-
derts. Der Codex 2533 der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt weist
gleichfalls eine Hand des ausgehenden 15. Jahrhunderts auf. Über dessen Herkunft
gibt Hülsen keine Auskunft, wohl aber über verschiedene Vorbesitzer, darunter
Petrus Jacobus, einen Brieffreund von Konrad Peutinger.671
667 CVP 3255*, fol. 22r,4; CS hist. 4° 316, fol. 79r,3.
668 Z. B. CVP 3255*, fol. 32r; CS hist. 4° 316, fol. 88v.
669 Im stadtrömischen Teil sind es zwölf, im gesamten CVP 3255* sind es 19 Inschriften, wozu noch
die Zeichnung von einem Anker unter einer griechischen Inschrift kommt (dazu auch weiter
unten). Vgl. Hülsen, Sillogi epigrafiche 139b.
670 CVP 3255*, fol. 40r; Cod. Vat. Lat. 3616, fol. 26v. Die zweite im Cod. Vat. Lat. 3616, fol. 36r, ent-
haltene Zeichnung ist nicht im CVP 3255* (oder anderen Licinius-Abschriften) enthalten; ihr Stil
entspricht aber eindeutig jenem im CVP 3255*.
671 Hülsen, Sillogi epigrafiche 139; vgl. auch König, Peutinger-Briefe 108–109.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548