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Codex Pragensis XIII G 14 | 167
Seiten ebenfalls Inschriften aus Rom zu finden sind. Zudem war es unter den auctores
antiquissimi durchaus üblich, stadtrömische Inschriften an den Beginn einer Samm-
lung zu setzen. Vidman nahm nun an, dass nach dem Ende des ersten Codexteiles
(der auf 28 Blättern das bereits besprochene Verzeichnis lateinischer Abbreviaturen
enthält), zwei Blätter unbeschriftet geblieben waren. Er mutmaßte ferner, die Person,
welche die Blätter herausschnitt, hatte insgesamt drei Blätter für leer gehalten, weil
nur auf der Rückseite des dritten Blattes einige wenige römische Inschriften und
damit der Anfang der Sammlung gestanden habe. Wenn man aber den Aufbau des
Codex genau betrachtet, fällt auf, dass die Handschrift insgesamt höchst sorgfältig
ausgeführt ist und auch einige Zeichnungen und sowie verschiedenfarbige Über-
schriften enthält. Die erste Initiale des Abkürzungsverzeichnisses ist in roter, blauer
und grüner Tinte künstlerisch gestaltet (Andeutung einer Initialmalerei). Angesichts
dessen und der übrigen Ausführung des Prunkcodex scheint es ein wenig frag-
würdig, dass der Beginn der Inschriftensammlung an das Ende einer Lage, nach
Vidman noch dazu auf die Rückseite eines Blattes, gesetzt worden sein soll. Es liegt
vielmehr die Vermutung nahe, dass am Anfang der Sammlung eine ganze Lage
(8 Blätter) verloren gegangen ist und diese ein ähnlich schön gestaltetes Titelblatt
aufwies wie das voranstehende Verzeichnis lateinischer Abkürzungen.706
Die Mehrzahl der Inschriften einschließlich der zugehörigen Ortsangaben stammt
wie das Abkürzungsverzeichnis von Hand I. Die Inschriften wurden meist in Majus-
keln geschrieben, die Lokalisierungen bis auf wenige (besonders hervorzuhebende)
Ortsnamen in Minuskeln. Für den ersten Buchstaben jeder Inschrift wählte dieser
Schreiber farbige Tinte: Meist blau und grün in abwechselnder Reihenfolge, sehr
selten auch rot. Bei den Überschriften ist dagegen rote Tinte die gebräuchlichste.707
Sie weist mitunter sogar edlen Glanz auf durch beigemengten Goldstaub708, während
der gelegentlich festzustellende Schimmer der grünen Tinte auf Silberstaub zurück-
zuführen ist.709
In dieser Handschrift wurde wie üblich erst nach dem Schreiben des Haupttextes
rubriziert. Dafür sprechen einige am Seitenrand mit dünnerer Feder vorgeschriebene
und später eradierte Ortsangaben710 sowie die eine oder andere Überschrift, wo der
Schreiber nicht mit dem ausgesparten Platz auskam, etwa auf fol. 177v,1 bei CIL
706 Siehe dazu Kap. 7.2.2.
707 Lediglich auf fol. 206 wurden die Ortsangaben in schwarzer Tinte (wie der Inschrifttext) geschrie-
ben und flüchtig rot unterstrichen. Dieses Blatt, das auch aus Hand I stammt, macht insgesamt
einen wesentlich weniger sorgfältigen Eindruck als der Rest.
708 Z. B. fol. 39v und fol. 212r.
709 Gold und Silber blieben auch nach der Blüte der (hoch-)mittelalterlichen Buchkunst für besondere
Teile einer Handschrift wie etwa Initialen und Miniaturen in Verwendung. Siehe dazu Vera Trost,
Gold- und Silbertinten. Technologische Untersuchungen zur abendländischen Chrysographie und Argyro-
graphie von der Spätantike bis zum hohen Mittelalter (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen 28),
Wiesbaden 1991, v. a. 27 mit Anm. 105. Auf die formalen Parallelen zur Prunkhandschrift von Fra
Giovanni Giocondo für Lorenzo de’ Medici (Cod. Vat. Lat. 10228) und in weiterer Folge zum Cod.
Vat. Lat. 3616 aus Rom und zum CVP 3255* aus Wien ist bereits oben hingewiesen worden.
710 Z. B. fol. 65v: „ibidem“.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548