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208 | Codex Pragensis XIII G 14
Insbesondere die Überlegungen im letzten Punkt verlangen nach einer entsprechen-
den Untersuchung der „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ im CP XIII G 14. Es gilt zu
klären, ob diese hinsichtlich ihrer Überlieferungsqualität homogen sind oder ebenso
wenig wie Fuchsmagens eigenhändige Zusätze. Dabei ist folgender Umstand in Be-
tracht zu ziehen: Bei den „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ im Prager Pergament-
codex handelt es sich wie festgestellt nicht um die archetypische Originalsammlung,
sondern um eine kalligraphierte Reinschrift. Hinsichtlich der Zuverlässigkeit hatte
Mommsen im CIL ein sehr positives Urteil über die Arbeit des sogenannten Antiquus
Austriacus gefällt (v. a. wegen seiner Beachtung von Zeilentrennung und Ligaturen).
Er musste allerdings zugleich einräumen, dass durch die Arbeit der Kopisten bzw.
(im Fall des von Apianus/Amantius herausgegebenen Druckwerkes) durch den
Buchsetzer die hohe Qualität der Erstkopien bisweilen geschmälert wurde.896 Wir
werden sehen, ob und wie sehr dies auch für die Abschriften im CP XIII G 14 gilt.
Um zu tragfähigen Ergebnissen zu gelangen, wurden ausschließlich erhaltene
Originale zum Vergleich herangezogen. Dabei zeigte sich, dass auch die im
CP XIII G 14 enthaltenen „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ qualitativ äußerst in-
homogen sind: Die Bandbreite der Zuverlässigkeit reicht von sehr hoch bis sehr ge-
ring. So sind im Prager Codex „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ zu finden, bei denen
Ortsangabe, Wortlaut des Textes, Zeilentrennung sowie Ligaturen völlig richtig wie-
dergegeben wurden. Ein Beispiel für eine derart einwandfreie Arbeit stellt die In-
schrift CIL III 5230 aus Celje dar, die im Prager Codex alle (!) seltenen und in ihrer
Form besonderen Ligaturen aufweist.897 CIL III 4775 aus St. Veit an der Glan (Kärn-
ten) ist mit Ausnahme des aufgelösten „ET“ in Zeile 8 gleichfalls zu den qualitativ
hochwertigen Belegen zu zählen, da hier zusätzlich die Form des Steines korrekt be-
schrieben wird.898
Der CP XIII G 14 enthält aber auch qualitativ sehr schlechte „Antiquus-Austriacus-In-
schriften“. Dazu zählen etwa vier Denkmäler aus dem römerzeitlichen Flavia Solva.899
Zwar scheinen sie in der Handschrift mit der richtigen Ortsangabe Schloss Seggau in
der Steiermark auf900, doch wurde bei allen vier Inschriften die Zeilentrennung
ebenso wenig beachtet wie der verlängerte Schaft des „T“ bei CIL III 5371 (Z. 2). In
der Handschrift sind weitere, darunter starke Abweichungen vom Originaltext zu
konstatieren: Bei der bereits damals nur noch fragmentarisch erhaltenen Inschrift
896 CIL III, S. 477b.
897 CP XIII G 14, fol. 181v,1. Auch Peutingers Beleg (SuStBA, 2° Cod. H 24, fol. 55vb,3) ist als grundsätz-
lich hochwertig einzustufen, denn er weist lediglich eine Abweichung auf. Siehe dazu Kap. 8.3.3.
898 CP XIII G 14, fol. 189r,1: „In tereti quodam lapide et longo apud idem oppidum (sc. S. Viti) cui Imago
crucifixi superposita est“. Zu dieser Inschrift vgl. auch Kap. 8.3.3 und 11.4.
899 CIL III 5319, 5326, 5328 und 5371.
900 Die Inschriften CIL III 5319, 5328 und 5371 befinden sich auch heute noch dort, ebenso das Frag-
ment CIL III 5348, das heute als zu CIL III 5371 gehörig betrachtet wird; siehe Erwin Pochmarski,
Manfred Hainzmann, Steine erzählen. Römische Steindenkmäler auf Schloss Seggau bei Leibnitz, Graz
2004, Nr. 55, 56 und 81 sowie lupa 1297, 5145 und 5148. CIL III 5326 wird heute im Universal-
museum Joanneum in Graz aufbewahrt (Inv.-Nr. 123).
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548