Seite - 270 - in Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi - Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
Bild der Seite - 270 -
Text der Seite - 270 -
270 | Johannes Choler
Beziehung zwischen den beiden Männern die Bezeichnung „affinis“ aufgreift und in
diesem Zusammenhang die größere Bedeutung der geistigen Verwandtschaft
gegenüber der familiären Bindung zwischen den beiden Gelehrten hervorhebt1200:
Peutinger hat seine unvollendet gebliebenen Collectiones adversus anabaptistas1201 näm-
lich „venerando ac clarissimo Iurisconsulto D. Ioanni Coler [...] Praeceptori et Affini obser-
vando“ zugeeignet. Praeceptor mit der Grundbedeutung „Lehrer“ muss nicht unbe-
dingt eine Person meinen, bei der man Schulstunden oder Vorlesungen gehört hat,
sondern kann auch jemanden bezeichnen, von dem man in irgendeiner Hinsicht
gelernt hat.1202 Der Begriff „affinis“ dagegen wurde stets nur verwendet, um eine tat-
sächliche Verwandtschaft auszudrücken, sei sie auch noch so entfernt gewesen.
Welcher Art die Verwandtschaft zwischen Peutinger und Choler gewesen ist, konnte
mangels weiterer Belege bisher nicht eruiert werden.
Ein guter Freund Cholers war der aus einer angesehenen Augsburger Familie stam-
mende Dr. Aegidius Re(h)m (Bischof von Chiemsee 1525–1536).1203 Dieser war Dom-
herr in Passau, als Choler ebendort die Propstei innehatte.1204 Im Rahmen eines
Aufenthaltes in Rom lernte Rem den bekannten römischen Buchdrucker Jacobus
Mazochi(us) kennen, aus dessen Offizin unter anderem die älteste umfangreichere
Inschriftenpublikation stammt.1205 Mazochi widmete seine Edition von Agathyus, De
bello Gothorum (Rom 1516) dem Augsburger Freund Rem, der dasselbe Werk drei
Jahre später in seiner Heimatstadt neuerlich herausbrachte und Choler zueignete.1206
Auch der Freisinger Domherr Sigismund Scheufler zählte zum engen Freundeskreis
von Aegidius Rem und war mit Choler ebenfalls gut bekannt. Rem und Scheufler
müssen auch Cholers Interesse für römerzeitliche Inschriften geteilt haben, da sie in
seiner Sammlung als „consules“ angeführt werden.1207
1200 Veith, Bibliotheca Augustana IV 164.
1201 Als CLM 4017 in der BSB erhalten. Vgl. Lutz, Peutinger 278 mit Anm. 5 (S. 398) und Joachimsen,
Peutingeriana 285.
1202 Vgl. Schröder, Veit Bild 180–181. Die Tatsache, dass man in den meisten Fällen von älteren oder
zumindest etwa gleich alten Zeitgenossen lernt, hätte für unseren Zusammenhang zur Folge,
dass Choler schon um 1465 oder noch früher das Licht der Welt erblickt hätte (Peutinger wurde
am 15. Oktober 1465 geboren). Die Annahme eines Geburtsjahres um 1480 scheint dennoch
passender.
1203 Im Folgenden wird die gebräuchlichere Schreibweise „Rem“ verwendet.
1204 Vgl. Hansiz, Germania Sacra II 605; Veith, Bibliotheca Augustana I 149–151, VI 175–177; Krick,
Passau 57, gibt irrtümlicherweise das Jahr 1525 an.
1205 Die 180 nummerierte und 17 unnummerierte Blätter umfassenden Epigrammata antiquae urbis,
eigentlich das Werk von Franciscus de Albertinis u. a., erschienen nach jahrelanger Druckphase
im April 1521 und wurden unter Mazochis Namen bekannt. Siehe v. a. CIL VI, S. XLVI, und
Calabi-Limentani, Epigrafia Latina 48–49.
1206 Agathius, De Bello Gotthorum, & aliis peregrinis historiis temporum suorum, per Christophoreum
Persona Romanum priorem Sanctae Balbibae e Greco in Latinum traductus (Augustae Vindelicorum
1519); der Widmungsbrief wurde auf der Rückseite des Titelblattes gedruckt.
1207 CLM 394, fol. 1v: „Me Io. Ch. autore Lata Aegidio Remo et Sigismundo Scheuflero coss.“ Siehe
Kap. 9.2.1.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548