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274 | Johannes Choler
lediglich ein einziges sicheres Zeugnis für einen Aufenthalt in Rom.1229 Choler berich-
tet darüber selbst nach seiner Rückkehr am 29. Jänner 1529 in einem Brief an
Erasmus. Er beseitigt darin unter anderem den Irrtum des Freundes, der die Formu-
lierung cum reverendo Episcopo meo fälschlicherweise auf den Bischof von Augsburg
bezogen hatte, statt auf Cholers Vorgesetzten Paul Ziegler, den Bischof von Chur.1230
Über die Gründe, welche die beiden Geistlichen nach Rom geführt hatten, schweigt
Choler in dem Brief ebenso wie über den Aufenthalt selbst. Ob er eventuelle Muße-
stunden für epigraphisch-antiquarische Forschungen oder Kontakte zu Gleich-
gesinnten genutzt hat, muss daher im Bereich der Spekulation bleiben.
Über Cholers spätere Lebensjahre wissen wir fast ebenso wenig wie über seine Kind-
heit und Jugend. Der letzte bekannte Brief aus seiner Hand stammt vom 12. März
1535 (an Viglius Zuichem). Ab diesem Zeitpunkt gibt es nur noch wenige Nachrich-
ten seine Person betreffend. Im Jänner 1537 blieb Choler mit drei weiteren Dom-
herren von St. Moritz in Augsburg zurück, während die meisten anderen katho-
lischen Geistlichen aus religiösen Gründen die Stadt verließen.1231 Möglicherweise
war Choler auch von einer gewissen Magdalena Schwarz zum Bleiben animiert
worden: Der bereits erwähnte Augsburger Chronist Achill Pirmin Gasser berichtet
von einer Heirat Cholers im Jahre 1537, nachdem er das Amt des Dompropstes
freiwillig niedergelegt hatte.1232 Weil Gasser der einzige ist, der davon spricht und
sogar jene Chronisten, die Gassers Werk sonst gerne als Quelle verwendeten,
1229 In einem von der Forschung vieldiskutierten Brief von Maximilian I. an Paul von Liechtenstein
vom 16. September 1511 wird ein Johann Col(l)a als kaiserlicher Sekretär und Vertreter Maxi-
milians an der Kurie genannt; siehe Alois Schulte, Kaiser Maximilian I. als Kandidat für den päpst-
lichen Stuhl, Leipzig 1906, 19, 31 und 33. Auch in einem Schreiben von Christoph Welser an seinen
Schwager Konrad Peutinger vom 6. Oktober desselben Jahres wird dieser Name mit der Funktion
eines caesareae Maiestatis procurator verbunden (König, Peutinger-Briefwechsel 147 mit Anm. 4). Es
dürfte sich dabei jedoch nicht um „unseren“ Humanisten handeln, der zur fraglichen Zeit die
Dompropstei von Passau und die Stadtpfarrei Landsberg am Lech innehatte, was sich wohl kaum
mit einem so wichtigen kaiserlichen Amt vereinbaren ließe. Lutz, Peutinger 101–102, paraphrasiert
den Brief Welsers nach der Ausgabe von König (siehe oben), der Colla in Anm. 4 als Vertreter der
Kurie nennt. An einer anderen Stelle (398, Anm. 5) zitiert Lutz Peutingers Widmung seiner
Collectiones adversus anabaptistas [...] ad Jo. Colerum praep. ecc. Curiensis. Vermutlich kam es durch
den ähnlichen Wortlaut von Curiensis und Kurie (das zugehörige lateinische Adjektiv heißt richti-
gerweise curialis) zur Gleichsetzung der beiden Personen im Register bei Lutz, Peutinger 413.
Friedrich Zoepfl, Geschichte des Bistums Augsburg und seiner Bischöfe II, München/Augsburg 1969,
93 mit Anm. 422, führt zwar keine kaiserliche Funktion für Choler an, weist aber auf beide Stellen
bei Lutz hin. In der vorliegenden Arbeit wird von einer Identifizierung des Inschriftensammlers
C(h)oler mit dem kaiserlichen Sekretär Col(l)a abgesehen, wie es auch König, Peutinger-Brief-
wechsel 505, hält.
1230 Allen, Erasmus-Briefe VIII, Nr. 2269, Z. 38–49.
1231 Vgl. Friedrich Roth, Augsburgs Reformationsgeschichte II: 1531–1537 bzw. 1540, München 1904,
316–317.
1232 „Johannes Cholerus civis et utriusque iuris doctor Romana praxi cathedralis Curiensis Ecclesiae apud
superiorem Rhetiam Propositus eodem tempore factus post 16 annos eandem dignitatem Lucio Ithero
Canonico ibidem custodi et tandem episcopo [...] resignavit ac domi nostrae cum alii sacrifuculi civitate
cederent, Magdalenam Schwartziam uxorem duxit.“ Da Gasser das Jahr, in dem Choler Propst in
Chur wurde, irrtümlich mit 1521 statt mit 1512 angibt, ist bei seinen weiteren Jahresangaben
etwas Vorsicht geboten, sofern sie nicht anderweitig Bestätigung finden.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548