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Johannes Choler | 291
noch nicht hat1300, zum anderen drei der sechs relevanten Inschriften von fol. 135v,2–
136r,3 (CIL III 5219 und 5630 sowie V 5084) weiter hinten noch einmal enthalten sind.
Nun weisen die beiden Belege dieser Inschriften in ihrem Text allerdings nicht nur
Gemeinsamkeiten auf, sondern auch Unterschiede, vor allem was die abweichende
Wiedergabe von Ligaturen betrifft. Diese lassen sich durch wiederholtes Abschreiben
derselben Quelle, wie die Formulierung im CIL III bei der Inschrift 5219 sugge-
riert1301, nicht erklären. Vielmehr ist die zweite Abschrift dieses Denkmals bei Choler
(und im Prager Codex) als die bessere zu bezeichnen, was gleichermaßen für
CIL III 5630 gilt.1302
In Verbindung mit den festgestellten Gemeinsamkeiten ist meines Erachtens zwin-
gend der Schluss zu ziehen, dass das Ursprungsmaterial nach der ersten Benutzung
durch (Peutinger und) Choler nicht nur erweitert worden ist, sondern auch insofern
verändert, als es für die Erstellung des Prager Codex in der Reihenfolge überarbeitet
und in Einzelfällen durch eine bessere Abschrift ersetzt worden ist.
Diese These wird gestützt vom Ergebnis einer früheren Untersuchung, wonach sich
der Codex Pragensis im Vergleich zu (den „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ in)
Peutingers Sammlung als Überarbeitung erwiesen hat. Da dessen Handschrift 2°
Cod. H 24 ebenfalls keine unmittelbare Quelle für den Pergamentcodex darstellt, ist
die Ursache für die Parallelen zwischen Peutinger und dem Prager Codex offenbar in
denselben archetypischen Abschriften zu suchen, die auch für Cholers CLM 394 auf
fol. 135v,2–136r,3 grundlegend waren.1303
1300 Es handelt sich hier nicht allein um solche, die von Mommsen explizit der erweiterten „Antiquus-
Austriacus-Sammlung“ (nur bei Choler und Apianus/Amantius belegte Inschriften), zugewiesen
wurden; siehe Tab. 12.9 (Anhang).
1301 „Exhibent Antiquus Austriacus apud Peutingerum cod. 527 f. 55’, Cholerum f. 136.138’ [recte: 238v],
Apianum 376,3.“
1302 Für diese Inschrift wird die erste Belegstelle bei Choler (CLM 394, fol. 135v) auf den sog. Antiquus
Austriacus zurückgeführt, die zweite (fol. 143v.144r) hingegen auf Aventinus. Dieser letztgenannte
Beleg steht allerdings auch dem Codex Pragensis (fol. 204r,1) in besonderer Weise nahe: Beide
Handschriften weisen exakt dieselbe, vom Original abweichende Zeilentrennung auf, wobei die
im Prager Codex angedeuteten Trennstriche der Vorlage ebenso wenig korrekt sind. In Cholers
Wiedergabe fehlen lediglich zwei der zahlreichen Ligaturen dieser Inschrift, die im CP XIII G 14
richtigerweise vorhanden sind. In Z. 1 hat Choler zweifellos interpoliert („AED“ für „AEL“), was
aus der etwas ungelenken Buchstabenform in seiner Handschrift ersichtlich ist, während die Ver-
balform „INSTITVIT“ für „INSTITIT“ am Ende der Inschrift verschiedene Ursachen haben kann,
über die hier keine Spekulationen angestellt werden sollen.
Im textkritischen Apparat von CIL V 5084 wird auf Zusammenhänge zwischen den einzelnen
auctores antiquissimi nicht eingegangen.
1303 Siehe Kap. 8.3.3 und 11.3.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548