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Johannes Choler | 293
römerzeitlicher Inschriften (teilweise) in deutscher Sprache formuliert. Von dessen
Abschrift weicht Cholers Manuskript jedoch an zwei Stellen ab, an denen er mög-
licherweise selbst (un-?)absichtlich interpoliert hat.1309
Choler lässt die beiden Salzburger Inschriften auf ein Denkmal aus dem bayerischen
Schmiechen (etwa 25 km südlich von Augsburg; CIL III 5839) folgen, wo er nach
Auskunft von Apianus/Amantius auch ein Relief gefunden hat.1310 Die drei genann-
ten Funde aus Schmiechen und Salzburg stehen zudem im CLM 394 etwas isoliert
nach einem leeren Blatt (fol. 149v–150r), ehe auf fol. 150v die Abschrift einer umfang-
reichen Inschrift aus Rom beginnt.1311 Das Denkmal aus Schmiechen hat Choler am
unteren Blattrand mit einer Bemerkung über den Verfall der lateinischen Sprache
ergänzt: „Ex hac inscriptione cognosci potest cum imperio Latinam quoque linguam decli-
nasse.“1312 Er bringt damit deutlich zum Ausdruck, dass die Inschriften für ihn nicht
reines Sammelobjekt waren, sondern dass er sich auch mit ihrer Sprache und Form
auseinandergesetzt hat.
Es waren unter anderem Bemerkungen wie diese, die einst Friedrich Vollmer zu
einem überdurchschnittlich positiven Urteil geführt haben.1313 Angesichts von
Cholers eklektischer Vorgangsweise bei den sogenannten Antiquus-Austriacus-
Inschriften, den fallweise auftretenden Interpolationen (die wahrscheinlich gerade
aus seiner Auseinandersetzung mit Sprache und Inhalt der Inschriften herrühren)1314
und den Lese-Schwierigkeiten, die ihm eigene Funde manchmal bereiteten1315,
erscheint Vollmers Beurteilung ein wenig zu euphorisch.
Cholers Wert für die Anfänge der Überlieferung norischer Inschriften bleibt jedoch
kein geringer, nicht nur aufgrund der bereits von Mommsen festgestellten Parallelen
1309 In Z. 3 bzw. 4 hat Aventinus (CGM 1560, fol. 169r) „IVL IVNIANA ET COCCEI PROCVLVS“,
während bei Choler „IVL IVLIANA ET COCCEIVS PROCVLVS“ zu lesen ist. Die Abschrift im CP
XIII G 14, fol. 201v gleicht jener von Aventinus, die Ortsangabe jedoch ist abweichend formuliert.
1310 Siehe oben in diesem Kapitel.
1311 Es handelt sich dabei um die bereits kurz erwähnte Inschrift des Ostienser Ordo Corporatorum, die
bei Choler die Ortsangabe ihres neuen Verwahrortes in Rom trägt („In horto Car. S. Petri ad Vincula
apud apostolos Rom.“), während in der von Fuchsmagen eigenhändig geschriebenen Lage im CP
XIII G 14 die örtliche Verlegung erwähnt wird (fol. 84v–86v: „Ex tabula marmorea ab Hostia in urbe
translata“). Siehe Kap. 7.3.1.
1312 CLM 394, fol. 149v.
1313 „Er übertrifft nicht nur an Genauigkeit und Schärfe alle seine Vorgänger, sondern hat sich in der richtigen
Erkenntnis, daß erst die Fülle des Materials die Epigraphik fruchtbar machen könne, für die große unter der
Fürsorge von Barth. Amantius und Petrus Apianus im Jahre 1534 zu Ingolstadt herausgegebene In-
schriftensammlung nicht auf die Revision der rätischen Inschriften beschränkt, vielmehr eine große Zahl
von Steinen Norditaliens hinzugesammelt. Überdies verrät er in gelegentlichen Bemerkungen eine erstaun-
liche Erfahrung und Umsicht in epigraphischen Dingen. Seine Abschriften sind im ganzen vortrefflich.“
(Vollmer, Inschriften S. 16).
1314 Nach heutigen wissenschaftlichen Kriterien gemessen stehen diese in einem interessanten Span-
nungsverhältnis zu den von ihm selbst gestellten Ansprüchen an einen sorgfältig abgeschriebenen
und gegenüber dem Original unveränderten Text.
1315 Vgl. etwa die Abschrift der von ihm – wie er betont – selbst gefundenen Inschrift CIL III 5830 auf
fol. 136v.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548