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Johannes Fuchsmagen | 359
schrift eines anderen Humanisten, der auch die voranstehende Inschrift von Celtis’
Grab kopiert hat.1626 Dass von der Inschrift CIL III 4583 offensichtlich mehrere Ab-
schriften angefertigt und weitergegeben wurden, muss allerdings nicht weiter ver-
wundern, denn auch dieser Stein befand sich an einem häufig frequentierten Stand-
ort im Außenbereich des Wiener Stephansdomes.1627
Bei den näher untersuchten Inschriften aus Wels, Lambach und Wien wurden von
Mommsen also jeweils mehrere unterschiedliche Belege auf den sogenannten
Antiquus Austriacus zurückgeführt, d. h., es wurden wie im Fall der Wiener Inschrift
CIL III 4583 auch (etwas) ältere Abschriften von Mommsen unter dieser Bezeichnung
subsumiert, die in den Kreisen einschlägig Interessierter kursierten. In Hinblick auf
den Versuch, auch solche frühen Inschriftenkopien einem einzigen, als „Antiquus
Austriacus“ bezeichneten Humanisten zuzuweisen, ist im Verlauf der vorliegenden
Arbeit bereits von einer Notlösung gesprochen worden.1628
Die Lösung oder besser Erklärung für den vorliegenden Sachverhalt – unterschied-
liche Belege von ein und derselben Inschrift – ist aber genau dieselbe wie für die
heterogene Qualität von Abschriften unterschiedlicher „Antiquus-Austriacus-In-
schriften“1629: All diese Erstabschriften gehen faktisch nicht auf einen einzigen auctor
zurück, sondern auf eine Zusammenstellung aus mehreren, teilweise älteren
und/oder länger zirkulierenden Abschriften durch einen „echten“ Sammler – durch
Dr. Johannes Fuchsmagen.
Die Frage, wie weit Fuchsmagens eigene Sammeltätigkeit ging, lässt sich anhand der
vorliegenden Quellen kaum befriedigend beantworten. Nach Untersuchung des
CP XIII G 14 konnte aber immerhin für einige der von ihm eigenhändig hinzuge-
fügten Inschriften die Vermutung geäußert werden, dass Fuchsmagen sie in situ
gesehen und kopiert hat.1630 Ferner hat sich gezeigt, dass er an einige weitere
Inschriftenfundorte vor allem im heutigen Ober- und Niederösterreich sowie in der
Obersteiermark offenbar im Zuge seiner Amtshandlungen oder im Gefolge des
Kaisers kam. Gewiss wurde er dabei in ähnlicher Weise auf antike Überreste auf-
merksam gemacht wie er von Neufunden wie jenem in Ybbs durch Cuspinianus
informiert wurde. Darauf, dass Fuchsmagens Haus in Wien Stätte der Begegnung
1626 Vgl. Kap. 10.5.2 (Pkt. 1) und 10.6.
1627 Bochensvanz gibt für die Inschrift die Wand der Sakristei an („sacrarii parietibus“; siehe Kap. 3.2),
womit er die Außenwand der (heute „unteren“) Sakristei gemeint haben dürfte, an die der damals
um die Stephanskirche liegende Friedhof unmittelbar anschloss. Dieses coemeterium nennen die
meisten der übrigen Quellen als Standort der Inschrift, sofern sie sich nicht allein auf die Nennung
der Stadt beschränken. Vgl. CIL III 4583 (Vorspann) bzw. zum alten „Stephansfreithof“ Peter
Csendes, Ferdinand Opll (Hrsg.), Wien. Geschichte einer Stadt. I: Von den Anfängen bis zur ersten
Wiener Türkenbelagerung, Wien/Köln/Weimar 2001, 239 sowie Werner T. Bauer, Wiener Friedhofs-
führer. Genaue Beschreibung sämtlicher Begräbnisstätten nebst einer Geschichte des Wiener Bestattungs-
wesens, Wien 41997, 33–35.
1628 Vgl. Kap. 8.3.1 und Kap. 8.3.3.
1629 Siehe v. a. Kap. 7.4.2 und 7.5.
1630 Vgl. Kap. 7.3.1.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548