Seite - 104 - in August Wilhelm Ambros - Musikaufsätze und Rezessionen 1872-1876

104 März 1872 5 10 15 20 25 Donizetti bezeichnete solche Wiederholungen in der Kadenz ironisch als „felicità, felicità, felicità“ – vgl. Donizettis Brief an Gio vanni Simone Mayr vom 8.  April 1839, in: Guido Zavadi- ni, Donizetti. Vita – Musiche – Epistolario, Bergamo 1948, S.  494. ◼ 193f. „Musik her! … Geschmack!“] Freizitat aus: Goethe, Paralipomena zu Faust  1. ◼ 204 O.  Jahn] Otto Jahn (1813– 1869), dt. Philologe, Archäologe und Musikgelehrter. ◼ 204 Hanslik] Eduard Hanslick (1825– 1904), Musikkritiker, -ästhetiker und -historiker. ◼ 216 Tremel] Wilhelmine Tremmel, eigtl. Name von Guglielmina Tremelli (1848–?), Alt; 1872–1878 an der Wr. Hofoper; danach Gast- spielkarriere. ◼ 216 im „Propheten“] von Meyerbeer. ◼ 226f. „sie sind wie Gras … welkt“.] Bibel, Ps  90,5–6. 22. WA 1872, Nr. 72, 28. März Z. 10–218 aufgenommen in: „Rubinstein als Opern-, Oratorien- und Symphonien- Komponist.“, Bunte Blätter  II, S.  149–159 Feuilleton. „Das verlorene Paradies“, von A. Rubinstein. Von A. W. Ambros. Das zweite „außerordentliche“ Concert der Gesellschaft der Musikfreunde am 26.  März trug dem Umstande, daß es schon in die Tage der Charwoche fiel, inso- ferne Rechnung, als wir darin eine geistliche oder halbgeistliche Musik zu hören bekamen – eine geistliche Musik freilich, bei welcher Palestrina und Bach, hätten sie im Publico gesessen, einander vermuthlich einen Blick stummer Verwunde- rung zugeworfen haben würden. Wir suchen auch auf diesem Gebiete neue Pfade; ob wir sie auch wirklich finden, ist eine andere Frage. Immer bleibt aber das Oratorium eines modernen Künstlers schon deßwegen ein Ereigniß, weil es ein Oratorium ist. Mendelssohn hatte mit seinen beiden Oratorien, von denen beson- ders „Paulus“ bei seinem Erscheinen Sensation machte, für dieses Genre wieder Lust und Muth angeregt; aber die Zeit ist eben dem ganzen Genre nicht sonderlich gewogen. Ferdinand Hillers „Zerstörung Jerusalems“, ein eminentes Werk voll musikalischer Schönheiten, zum Theile sogar mit wahrhaft blendenden Zügen, blieb, völlig unbegreiflicher Weise, fast unbeachtet. Das folgende Oratorium Hillers „Saul“ fiel gegen das erste ohnehin ab. Die Oratorien Löwe’s („Huß“, „Lazarus“, „Die Siebenschläfer“ u. s. w.) nannte jedermann mit Achtung und mochte kaum jemand hören. Man griff, wenn es große und würdige Oratorien- Aufführungen bei deutschen Musikfesten u.  dgl. galt, am liebsten nach Händel zurück. Denn Kiesewetter hat am Ende Recht, wenn er meint, neben diesen Werken könne nichts Aehnliches auch nur annäherungsweise genannt werden. Ueberdies giebt es da zur Zeit noch ungehobene Schätze. Anton Rubinstein, der als Pianist den höchsten erreichbaren Kranz erreicht hat und als Componist mit kühnem Schritt auf die höchsten Kränze (Oratorium, Oper, Symphonie) losgeht, fand sich angeregt, auf Grundlage des Milton’schen „paradise lost“ einen Oratorientext (von wem?) zusammenstellen zu lassen. Daß er