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Datenethik fordert aber vor allem erheblich mehr Eigenverantwortung von
jenen, die Daten sammeln, verarbeiten und eventuell weitergeben. Nach dem
SubsidiaritÀtsprinzip soll die Selbstregulierung von Branchen bzw. Anwendungs-
bereichen innerhalb staatlich vorgegebener Rahmenbedingungen PrioritÀt haben.
Ziel ist die Erarbeitung von verbindlichen Kodizes, die, differenziert nach Bran-
chen bzw. Sektoren, Grundregeln fĂŒr den Umgang mit Daten aller Art aufstellen,
in denen sich sowohl Nutzer als auch Datenverwender bewegen können, um die
gewĂŒnschten Anwendungen, z. B. in der Medizin, zu ermöglichen. Einige Unter-
nehmen wie Salesforce oder SAP haben inzwischen Ethik-BeirÀte eingesetzt, die
beraten sollen, wie ein ethisch verantwortungsvoller Umgang mit Daten aussehen
muss. Ziel ist es, aus KĂŒnstlicher Intelligenz eine Technologie zu machen, die es
Menschen ermöglicht, âan anderer Stelle ihre typischen FĂ€higkeiten wie Kreativi-
tĂ€t oder Empathie einzubringenâ (SAP 2018).
Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die DenkanstöĂe, die nicht
auf neue Regulierungen hinauslaufen, sondern an bestehendes Soft Law und
bekannte Reporting-Mechanismen anknĂŒpfen. Unter dem Stichwort Corporate
Digital Responsibility wird beispielsweise ĂŒber eine ErgĂ€nzung der bisherigen
Corporate Social Responsibility (CSR)-Konzepte nachgedacht (Smart-Data-Be-
gleitforschung 2018). Ăhnlich gelagert ist die Option, den bestehenden Corpo-
rate Governance Kodex entsprechend zu erweitern. Verbindliche Standards, deren
Einhaltung in den JahresabschlĂŒssen testiert werden muss und die mit Berichts-
pflichten belegt sind, könnten die ethischen Betrachtungen konkret umsetzen. Der
vergleichende Blick auf die USA zeigt eine Ă€hnliche Diskussion ĂŒber die âTreu-
hĂ€nderâ-Rolle von Online-Unternehmen sowie die sich daraus ergebenden Sorg-
falts- und Gemeinwohlpflichten im Umgang mit Big Data (Zittrain 2018).
Der Deutsche Ethikrat plĂ€diert in diesem Zusammenhang dafĂŒr, stĂ€rker als
bislang âdie kontextabhĂ€ngig wandelbare SensibilitĂ€t von Daten zu berĂŒck-
sichtigenâ. Vorbild solcher branchen- oder themenspezifischen Regeln könnten
die Ausarbeitungen des Deutschen Ethikrates fĂŒr den Gesundheitsbereich sowie
der Bericht der Ethik-Kommission âAutomatisiertes und vernetztes Fahrenâ beim
Bundesministerium fĂŒr Verkehr und digitale Infrastruktur (Bundesministerium
fĂŒr Verkehr und digitale Infrastruktur 2017) sein. Der entscheidende Unterschied
zwischen allen eben genannten datenethisch begrĂŒndeten AnsĂ€tzen und dem bis-
her vorherrschenden Datenschutzparadigma besteht darin, dass hier die Unter-
nehmen nicht nur Compliance mit den Schutz- bzw. Abwehrrechten der Nutzer
nachweisen mĂŒssen. Vielmehr sind sie gefordert, Big Data fĂŒr begrĂŒndete und
akzeptierte Zwecke zu nutzen und dies darzulegen.
1.5 Datenethik als neues Paradigma? Handlungsangebote âŠ
Die Big-Data-Debatte
Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Titel
- Die Big-Data-Debatte
- Untertitel
- Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Autoren
- Susanne Knorre
- Horst MĂŒller-Peters
- Verlag
- Springer Gabler
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-27258-6
- Abmessungen
- 15.3 x 21.6 cm
- Seiten
- 220
- Schlagwörter
- Economics, Management science, Economic policy, Motivation research (Marketing), Insurance
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- 1 Big Data im öffentlichen Diskurs: Hindernisse und Lösungsangebote fĂŒr eine VerstĂ€ndigung ĂŒber den Umgang mit Massendaten 1
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- 1.1.1 Nutzen und Schutz von Daten: Ăberlegungen zur Analyse eines politischen Diskurses 2
- 1.1.2 Big Data, KĂŒnstliche Intelligenz und Algorithmen: Begriffe und Konzepte in der Diskussion 4
- 1.1.3 Arten, Herkunft und Nutzer von Daten: AnnÀherung an eine Dual-Use Technologie 7
- 1.1.4 Diffuses Bild: Was bislang ĂŒber die öffentliche EinschĂ€tzung von Datennutzung erhoben wurde 12
- 1.2 Von Konflikten und Kollisionen: Big Data als Gegenstand öffentlicher Narrationen 15
- 1.2.1 Ein Narrativ wird entdeckt: âBig Brotherâ in der Kampagne gegen die VolkszĂ€hlung 1983 16
- 1.2.2 âBig Brotherâ reloaded: Die ErzĂ€hlung von Edward Snowden 18
- 1.2.3 Die Manipulation: Die ErzÀhlung von der Beeinflussung des US-Wahlkampfs 2016 20
- 1.2.4 Spione im Kinderzimmer: Die ErzÀhlung vom Verlust der PrivatsphÀre 22
- 1.2.5 Die Apokalypse: Die ErzÀhlung vom digitaltotalitÀren Staat 23
- 1.2.6 Die VerselbststÀndigung der Maschine: Die ErzÀhlung vom unkontrollierbaren Auto 25
- 1.2.7 Die globale Gier: Die ErzĂ€hlung von der Weltherrschaft der âFrightful 5â 26
- 1.3 Nutzen und Schutz von Daten des BĂŒrgers im politischen Diskurs 28
- 1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverÀnen Nutzers: Narrationen im politischen Diskurs 35
- 1.5 Datenethik als neues Paradigma? Handlungsangebote jenseits der Regulierung 42
- 1.6 Ordnungspolitik und Big Data: Den fairen Zugang sichern 46
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- Literatur 55
- 2 Big Data, Data Analytics und Smart Services rund um Wohnen, Gesundheit und MobilitĂ€t: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger in privaten Lebenswelten 63
- 3 Big Data: Chancen und Risiken aus Sicht der BĂŒrger 137
- 3.1 Einleitung 137
- 3.2 Datenwissen 140
- 3.3 Handlungsfreiheit 143
- 3.4 FolgeabschĂ€tzungen, Bewertung von Anwendungsfeldern und Einstellungen zu Datenschutz und Technologie (âWollenâ) 146
- 3.5 Verhalten (âHandelnâ) 160
- 3.6 Datenpolitik und Datenethik (âNeue Paradigmenâ) 169
- 3.7 Alte und neue Narrative 176
- 3.8 Neue Rollen am Beispiel der Versicherungswirtschaft 179
- 3.9 Fazit 187
- Literatur 191
- 4 Big Data: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger! Zusammenfassung und Fazit 195
- 4.1 Zur Gestaltung des öffentlichen Diskurses ĂŒber Chancen und Risiken von Big Data: Die Ergebnisse im Ăberblick 196
- 4.2 Zum Nutzen von Big Data in konkreten Lebenswelten:
- Die Ergebnisse im Ăberblick 201
- Anhang 207