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Unter Wettbewerbsgesichtspunkten ist auch die Expansion der groĂen Inter-
netkonzerne in andere Bereiche von Big-Data-Anwendungen als problematisch
anzusehen. Google, Facebook, Amazon und Apple investieren MilliardenbetrÀge
ihrer ĂŒppigen Gewinne in Medizin, Biotech, autonomes Fahren und Smart-Home-
Technik. Die Internet-Plattformen drohen zu riesigen, unkontrollierbaren Inter-
net-Konglomeraten auszuwachsen und sich ĂŒber die ganze Wirtschaft zu legen.
âDas Problem der Regulierungsbehörden besteht darin, dass standardisierte Anti-
monopolsysteme nicht gelten in einer Welt, in der die Kosten fĂŒr die Verbraucher
hauptsĂ€chlich in Form von Daten und PrivatsphĂ€re völlig intransparent sindâ,
analysiert Harvard-Professor Kenneth Rogoff (2018). Auch der liberale Eco-
nomist (2017) sieht âGrund zur Sorge: Die Kontrolle der Daten durch die Inter-
netgiganten gibt ihnen enorme Macht. Die alten Wege, Wettbewerb zu erfassen,
sehen ĂŒberholt aus in der Datenökonomieâ.
Diese Erfahrung musste auch das Bundeskartellamt machen. Als Face-
book 2014 den Messenger-Dienst WhatsApp fĂŒr 19 Mrd. US$ kaufte, durfte die
Behörde diese Ăbernahme nicht einmal untersuchen, weil sie unterhalb der
Umsatz-Schwellenwerte der Fusionskontrolle lag. Inzwischen hat der Gesetzgeber
reagiert. Die neunte Novelle des Gesetzes gegen WettbewerbsbeschrÀnkungen
(GWB) vom Juni 2017 ermöglicht nun auch eine Fusionskontrolle, wenn der
Transaktionswert 400 Mio. EUR ĂŒberschreitet (Bundeskartellamt 2016). DarĂŒber
hinaus wurden noch zwei weitere Paragrafen geÀndert, die ebenfalls auf digitale
Plattformen und MĂ€rkte zielen. Zum einen stellt die neunte GWB-Novelle klar,
dass MÀrkte auch dann angenommen werden können, wenn dort Leistungen unent-
geltlich erbracht werden, weil Nutzer beispielsweise mit ihren Daten âbezahlenâ
(Haucap und Heimeshof 2017, S. 34 ff.). Zum anderen wurden in § 18 Abs. 3a
GWB fĂŒnf neue Kriterien aufgenommen, die fĂŒr die Beurteilung von Marktmacht
herangezogen werden, wie sie insbesondere von Netzwerken und Plattformen aus-
geĂŒbt werden kann. Eines dieser Kriterien betrifft den Zugang zu wettbewerbs-
relevanten Daten.
Zweifelsohne konkretisieren und ergÀnzen diese Neuerungen das kartellrecht-
liche Instrumentarium im Hinblick auf die Besonderheiten von digitalen MĂ€rkten.
Kritik richtet sich aber weiterhin darauf, dass die genannte Transaktionsschwelle
immer noch im Vergleich beispielsweise mit den USA viel zu hoch liegt (Haucap
und Heimeshof 2017, S. 36). Auch die in der 9. GWB-Novelle ergÀnzten direkten
und indirekten Netzwerkeffekte, die Einfluss auf die Marktstellung eines Unter-
nehmens haben können, erweisen sich in der Umsetzung als schwierig. So prĂŒft
das Bundeskartellamt seit gut zweieinhalb Jahren die Praxis von Facebook, die
Nutzerdaten aus Drittquellen wie etwa den Töchtern WhatsApp und Instagram
auf dem Facebook-Konto zusammenzufĂŒhren und zu nutzen. Das Kartellamt
1.6 Ordnungspolitik und Big Data: Den fairen Zugang sichern
Die Big-Data-Debatte
Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Titel
- Die Big-Data-Debatte
- Untertitel
- Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Autoren
- Susanne Knorre
- Horst MĂŒller-Peters
- Verlag
- Springer Gabler
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-27258-6
- Abmessungen
- 15.3 x 21.6 cm
- Seiten
- 220
- Schlagwörter
- Economics, Management science, Economic policy, Motivation research (Marketing), Insurance
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- 1 Big Data im öffentlichen Diskurs: Hindernisse und Lösungsangebote fĂŒr eine VerstĂ€ndigung ĂŒber den Umgang mit Massendaten 1
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- 1.1.1 Nutzen und Schutz von Daten: Ăberlegungen zur Analyse eines politischen Diskurses 2
- 1.1.2 Big Data, KĂŒnstliche Intelligenz und Algorithmen: Begriffe und Konzepte in der Diskussion 4
- 1.1.3 Arten, Herkunft und Nutzer von Daten: AnnÀherung an eine Dual-Use Technologie 7
- 1.1.4 Diffuses Bild: Was bislang ĂŒber die öffentliche EinschĂ€tzung von Datennutzung erhoben wurde 12
- 1.2 Von Konflikten und Kollisionen: Big Data als Gegenstand öffentlicher Narrationen 15
- 1.2.1 Ein Narrativ wird entdeckt: âBig Brotherâ in der Kampagne gegen die VolkszĂ€hlung 1983 16
- 1.2.2 âBig Brotherâ reloaded: Die ErzĂ€hlung von Edward Snowden 18
- 1.2.3 Die Manipulation: Die ErzÀhlung von der Beeinflussung des US-Wahlkampfs 2016 20
- 1.2.4 Spione im Kinderzimmer: Die ErzÀhlung vom Verlust der PrivatsphÀre 22
- 1.2.5 Die Apokalypse: Die ErzÀhlung vom digitaltotalitÀren Staat 23
- 1.2.6 Die VerselbststÀndigung der Maschine: Die ErzÀhlung vom unkontrollierbaren Auto 25
- 1.2.7 Die globale Gier: Die ErzĂ€hlung von der Weltherrschaft der âFrightful 5â 26
- 1.3 Nutzen und Schutz von Daten des BĂŒrgers im politischen Diskurs 28
- 1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverÀnen Nutzers: Narrationen im politischen Diskurs 35
- 1.5 Datenethik als neues Paradigma? Handlungsangebote jenseits der Regulierung 42
- 1.6 Ordnungspolitik und Big Data: Den fairen Zugang sichern 46
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- Literatur 55
- 2 Big Data, Data Analytics und Smart Services rund um Wohnen, Gesundheit und MobilitĂ€t: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger in privaten Lebenswelten 63
- 3 Big Data: Chancen und Risiken aus Sicht der BĂŒrger 137
- 3.1 Einleitung 137
- 3.2 Datenwissen 140
- 3.3 Handlungsfreiheit 143
- 3.4 FolgeabschĂ€tzungen, Bewertung von Anwendungsfeldern und Einstellungen zu Datenschutz und Technologie (âWollenâ) 146
- 3.5 Verhalten (âHandelnâ) 160
- 3.6 Datenpolitik und Datenethik (âNeue Paradigmenâ) 169
- 3.7 Alte und neue Narrative 176
- 3.8 Neue Rollen am Beispiel der Versicherungswirtschaft 179
- 3.9 Fazit 187
- Literatur 191
- 4 Big Data: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger! Zusammenfassung und Fazit 195
- 4.1 Zur Gestaltung des öffentlichen Diskurses ĂŒber Chancen und Risiken von Big Data: Die Ergebnisse im Ăberblick 196
- 4.2 Zum Nutzen von Big Data in konkreten Lebenswelten:
- Die Ergebnisse im Ăberblick 201
- Anhang 207