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„ein enormes Konfliktpotential einher, das in diffusen Ängsten vor dem Fremden seine
Wurzeln hat und nicht nur von politisch extremen Gruppierungen genutzt wird, um
die eigenen Interessen durchzusetzen. Dem entgegenzuwirken und ein gedeihliches
Zusammenleben zu fördern, ist darum ein zentrales Anliegen, das gerade auch aus den
Reihen der Religionen heraus intensiv verfolgt wird. Das beginnt mit dem Bestreben,
sich gegenseitig näher kennen zu lernen, und reicht bis dahin, dass, wo das möglich und
notwendig ist (etwa aus Anlass von kriminellen Ereignissen mit religiösen Implika-
tionen), gemeinsam religiös praktiziert wird (insbesondere in Form von gemeinsamen
Gebeten). In der Tat können die Religionen nicht unerheblich dazu beitragen und haben
sie dazu beigetragen, dass durch ein friedliches Miteinanderleben auf religiöser Ebene
das soziale Klima insgesamt sowohl im Nahbereich als auch weltweit gefördert und
gestärkt wird. Dazu sind vor allem Begegnungen und Dialoge zwischen bzw. unter
den Angehörigen verschiedener Religionen (sowohl bilateral als auch multilateral)
erforderlich, in denen die Beteiligten ganz konkret voneinander lernen und so die
Andersheit der anderen besser zu respektieren vermögen, aber auch für die eigene
Religiosität eine Bereicherung erfahren können.“23
Religiöses Lernen in der Moderne „geht von der Pluralität religiöser Traditionen (ad
extra und ad intra) und von der Pluralität subjektiver Religion aus.“24 Modernität plu-
ralisiert notwendigerweise,25 sie bedeutet, „dass geschlossene Gemeinschaften fragil
werden, eben weil die anderen immer da sind.“26 Die Pluralität religiöser Positionen
bietet eine Chance, „andere als Menschen in ihrem Anderssein wahrzunehmen“.27 Ent-
würfe, wie die von
„Martin Buber und Emmanuel Lévinas aus dem Bereich jüdischer Philosophie, von
Hans-Jochen Margull aus der ökumenisch-christlichen Theologie, von Abdoldjavad
Falaturi oder Abdulkader Tayob aus dem islamischen Bereich, von Paul Ricoeur aus
einer protestantisch gefärbten Philosophie oder von Helmut Peukert aus dem Über-
schneidungsbereich von Theologie und Erziehungswissenschaft […] zielen auf einen
23 Mette, Norbert (2005): Einführung in die katholische Praktische Theologie, 196.
24 Ziebertz, Hans-Georg (2002): Grenzen des Säkularisierungstheorems. In: Schweitzer,
Friedrich/Englert, Rudolf/Schwab, Ulrich/Ziebertz, Hans-Georg: Entwurf einer plura-
litätsfähigen Religionspädagogik. Gütersloh/Freiburg i. Br.: Gütersloher Verlagshaus/
Herder, 51–85, 53.
25 Vgl. Berger, Peter L./Weiße, Wolfram (2010): Im Gespräch: Religiöse Pluralität und
gesellschaftlicher Zusammenhalt. In: Weiße, Wolfram/Gutmann, Hans-Martin (Hg.):
Religiöse Differenz als Chance? Positionen, Kontroversen, Perspektiven. Münster u. a.:
Waxmann, 17–26, 19. Peter L. Berger antwortet in diesem Beitrag auf Fragen von Wolf-
ram Weiße.
26 Vgl. ebd.
27 Gutmann, Hans-Martin/Weiße, Wolfram (2010): Einleitung. In: Weiße, Wolfram/Gut-
mann, Hans-Martin (Hg.): Religiöse Differenz als Chance? Positionen, Kontroversen,
Perspektiven. Münster u. a.: Waxmann, 7–14, 9.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Title
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Subtitle
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Author
- Helena Stockinger
- Publisher
- Waxmann Verlag GmbH
- Location
- Münster
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Size
- 16.5 x 23.5 cm
- Pages
- 280
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279