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schungsfrage nach: „Was äußern Kindergartenkinder unterschiedlicher Religionszu-
gehörigkeit in Gruppendiskussionen im Hinblick auf die Frage, was möglicherweise
nach dem Tod kommt?“.188 Im Mittelpunkt stand, „welche Antworten Kinder unter-
schiedlicher Religionszugehörigkeit in einem gemeinsamen Gespräch finden und
wie Kinder mit den eventuell unter ihnen aufkommenden Differenzen umgehen.“189
Die Existenz unterschiedlicher Religionen wurde von der Forscherin nicht explizit
angesprochen, sondern religiöse Pluralität wurde ausschließlich implizit thematisiert,
indem Kinder verschiedener Religionszugehörigkeiten miteinander Gruppendiskussi-
onen führten, die von der Forscherin durch einen Impuls eingeleitet wurden.
Eva Hoffmann kommt zu dem Ergebnis, dass Kinder der Vielfalt individueller
Vorstellungen mit Gelassenheit begegnen. „Differenzen werden wahrgenommen, aus-
gehalten, aber nicht besonders hervorgehoben.“190 Die Kinder waren bereit „sich auf
Fremdes einzulassen, sich mit diesem auseinander zu setzen, über eigene Vorstellungen
nachzudenken und sie ggf. angesichts anderer Überlegungen partiell zurückzunehmen
oder sie argumentativ zu stützen.“191 Die Kinder stellten keine expliziten Bezüge
zu Glaubenstraditionen her und die vorgenommenen religiösen Bezüge verwiesen
teilweise nicht auf Glaubensüberzeugungen der eigenen Religionsgemeinschaft.192
Vielmehr wurde Differenz auf individuelle und mit geringem Traditionsbezug gekenn-
zeichnete Vorstellungen der Kinder und nicht auf deren Religionszugehörigkeiten und
damit verbundenen Konventionen bezogen.193 Die individuellen Vorstellungen waren
für manche Kinder sehr wichtig und sie gaben diese nicht leichtfertig auf.194 Bei eini-
gen Kindern zeigte sich ein gewisser Stolz auf individuell formulierte Vorstellungen,
nicht jedoch auf ihre jeweilige Religionszugehörigkeit.195 Unterschiedliche religiöse
Vorstellungen wurden selbstverständlich thematisiert196 und es ereigneten sich in der
Untersuchung von Eva Hoffmann keine Szenen xenophobischer Angst oder Furcht.197
188 Hoffmann, Eva (2009): Interreligiöses Lernen im Kindergarten? Eine empirische Studie
zum Umgang mit religiöser Vielfalt in Diskussionen zum Umgang mit religiöser Vielfalt
in Diskussionen mit Kindern zum Thema Tod. Berlin: LIT, 105.
189 Ebd.
190 Ebd., 91; 221.
191 Ebd., 91.
192 Vgl. ebd., 213–221.
193 Vgl. ebd., 213.
194 Vgl. ebd., 215.
195 Vgl. ebd., 213.
196 Vgl. ebd., 212.
197 Ebd., 217.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Title
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Subtitle
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Author
- Helena Stockinger
- Publisher
- Waxmann Verlag GmbH
- Location
- Münster
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Size
- 16.5 x 23.5 cm
- Pages
- 280
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279