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einem Kind, dessen Hände einmal mit Henna bemalt gewesen sind und einem Mäd-
chen, das aufgrund eines religiösen Rituals mit einer Glatze aus dem Urlaub zurück-
gekommen ist.
Im Kindergarten in islamischer Trägerschaft trägt die muslimische Pädagogin ein
Kopftuch, die christliche Pädagogin trägt häufig kurzärmelige T-Shirts, ist tätowiert,
verwendet manchmal Nagellack und ist häufig geschminkt oder schminkt sich vor den
Kindern.
Essensangebot
Bei den gemeinsamen Mahlzeiten unterscheiden sich die Essensgewohnheiten der
Kinder, worauf im Kindergarten unterschiedlich Rücksicht genommen wird. Es wird
versucht, die Komplexität der unterschiedlichen Anforderungen zu reduzieren, indem
das Essensangebot so ausgewählt wird, dass möglichst viele Kinder davon essen kön-
nen. Im Kindergarten in katholischer Trägerschaft wird Schweinefleisch generell nicht
angeboten. Die Kinder, die ausschließlich halal geschlachtetes Fleisch essen, bekom-
men an Tagen, an denen im Essen Fleisch enthalten ist, ein Butterbrot, da es aufgrund
der Größe des Kindergartens nicht möglich ist, ein alternatives, warmes Essen für sie
bereitzustellen. Bei Anmeldungen wird besprochen, ob die Kinder vegetarisch essen,
der von der Kindergartenleiterin vermutete religiöse Grund wird von ihr nicht erfragt
und von den Eltern nicht thematisiert. Im Kindergarten in islamischer Trägerschaft
wird ausschließlich halal zubereitetes Essen angeboten und alle Kinder bekommen
dasselbe Essen serviert, wobei die Pädagoginnen beim Austeilen des Essens auf per-
sönliche Vorlieben der Kinder Rücksicht nehmen. Aufgrund der innerislamischen
Vielfalt, die sich in unterschiedlichen Essensanforderungen der Eltern ausdrückt, ist
der Leiter bemüht, im Angebot des halal zubereiteten Essens einen durchschnittlichen
Weg der unterschiedlichen Anforderungen zu gehen. Pädagoginnen im Kindergarten
in islamischer Trägerschaft bemühen sich, die religiösen Einstellungen der Eltern ernst
zu nehmen und diese in ihrem eigenen Verhalten zu verdeutlichen. So überprüfen sie,
ob die Torten, die Eltern den Kindern mitbringen, halal sind.
Religiöse Angebote
Als religiöse Angebote werden in diesem Zusammenhang all jene Aktivitäten gesehen,
bei denen die Kinder ihre eigene Religion besser kennenlernen oder etwas über andere
Religionen erfahren. Es werden unterschiedliche religiöse Angebote gemacht, so fin-
det Koran-/Religionsunterricht statt, Gotteshäuser werden besucht und Geschichten
mit religiösem Hintergrund erzählt.
Religions-/Koranunterricht
Es wird ausschließlich islamischer Religionsunterricht angeboten, für den ein eigener
Raum, ein zugewiesenes Zeitfenster am Tag sowie eine für den islamischen Religions-
unterricht ausgebildete Pädagogin zur Verfügung stehen. Die Kinder lernen das arabi-
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Title
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Subtitle
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Author
- Helena Stockinger
- Publisher
- Waxmann Verlag GmbH
- Location
- Münster
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Size
- 16.5 x 23.5 cm
- Pages
- 280
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279