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222 werden können – darin geht das religionspädagogische Anliegen notwendig etwa über
ein bloß interkulturelles Lernen hinaus.“868
Kennen die Kinder den Grund für Differenz nicht, finden sie vielleicht eine Erklärung,
die für die betroffenen Kinder verletzend oder irritierend ist, ohne dies zu beabsich-
tigen. Die vorliegende Untersuchung zeigt, wie sehr Kinder in manchen Fragen auf
Erklärungen angewiesen und manche Aussagen der Kinder von erwachsenen Perso-
nen aufzugreifen und zu thematisieren sind. Erklärungen und kategoriale Zuordnun-
gen von Erwachsenen sind für die Bildung der Kinder erforderlich. „Um Kindern die
Möglichkeit zu geben, sich weiterzuentwickeln, ergibt sich das Desiderat, ihnen auch
Informationen anzubieten, die neu sind.“869
„Mit den theologischen Konstruktionen von Kindern umzugehen macht auch bewusst,
dass die Aneignung von Wissen wie auch Weltdeutung im Zusammenspiel von Kon-
struktion und Rezeption geschieht. Das heißt, dass jeder, egal ob Kind oder Erwachse-
ner, die Welt konstruiert im Rahmen der von ihm schon erarbeiteten Strukturen – und
zugleich immer wieder externer Anstöße bedarf, um die eigenen Konstruktionen zu
verbessern.“870
Manchmal zeigt sich, dass Kinder nicht über die religiöse Sprachkompetenz verfügen,
um sich über religiöse Themen zu verständigen, und Erfahrungen machen, für die
sie keine Erklärungen haben. Aber auch die Verwendung von bestimmten Begriffen
bedeutet nicht, dass die Kinder deren Bedeutung wissen.
„With children, the problem of verbalism has often been discussed: children use words
whose meaning they do not understand. But is this only a problem with children? Is it
not only true with many young and adult persons, especially when religious language
is in question? On the other hand, the children often feel and think more than they
are able to express. They do not have an adequate vocabulary at their disposal, and
therefore their answers often give a poorer picture of their religiousness than is actually
the case. In addition, words do not have the same meaning for children as they do have
for older people, and they do not often have the fully same meaning even for people
of same age.“871
868 Schweitzer, Friedrich (2009): Wie Kinder und Jugendliche religiöse Differenz wahrneh-
men. In: Bucher, Anton A. u. a. (Hg.): Jahrbuch der Kindertheologie: „In den Himmel
kommen nur, die sich auch verstehen“, 39–49, 48.
869 Schambeck, Mirjam (2005): Wie Kinder glauben und theologisieren. In: Bahr, Matthias/
Kropač, Ulrich/Schambeck, Mirjam (Hg.): Subjektwerdung und religiöses Lernen. Für
eine Religionspädagogik, die den Menschen ernst nimmt. München: Kösel, 18–28, 23.
870 Ebd., 27.
871 Tamminen, Kalevi (1991): Religious Development in Childhood and Youth. An Empiri-
cal Study. Helsinki: Suomalainen Tiedeakatemia, 23. Neben Tamminen beschäftigten sich
auch James W. Fowler sowie Fritz Oser und Paul Gmündner mit der Glaubensentwick-
lung beziehungsweise religiösen Entwicklung, vgl. Fowler, James, W. (1995): Stages of
Faith. The Psychology of Human Development and the Quest for Meaning. New York:
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Title
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Subtitle
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Author
- Helena Stockinger
- Publisher
- Waxmann Verlag GmbH
- Location
- Münster
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Size
- 16.5 x 23.5 cm
- Pages
- 280
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279