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chen Begegnungen und Handlungen im Kindergarten erkennbar,967 weshalb es bedeu-
tend ist, dass Pädagoginnen und -pädagogen eine Sensibilität anderen Religionen und
Weltansichten gegenüber entwickeln.
„However, as is true with many other theoretical lever goals, employing an educational
approach that consciously aims towards worldview sensitivity should be in use as part
of every teacher’s moral competence for functioning in the present-day pluralistic
education context. […] Worldview sensitivity as an educational approach does not
silence worldviews as taboos but preserves a position for them in the everyday life
of the kindergarten or school. Although the most direct influences of this may often
be visible in the religious or worldview education, sensitivity also reaches wider than
this. It influences the teacher’s approach towards openness and appreciation toward the
diverse worldviews, both religious and nonreligious. In the kindergarten, worldview
sensitive educational approach at its best includes aiming to detect and to support the
needs of each individual child and family.“968
Auch wenn die Pädagoginnen den Grundsatz der Gleichberechtigung zu verwirklichen
suchen, ist dies nicht möglich, wenn sich die Pädagoginnen und Pädagogen nicht der
eigenen Vorannahmen und Vorurteile bewusst sind.969 Neben der Auseinandersetzung
mit der eigenen Einstellung gilt es, Verständnis und Sensibilität für die Sichtweisen der
Menschen mit anderen Religionen und religiösen Einstellungen aufzubringen, wobei
es wichtig ist, dem jeweiligen Kind und nicht einem Repräsentanten einer Religion zu
begegnen, „[…] the importance for the teacher to sensitively encounter each indivi-
dual child, rather than seeing him as a representative of a particular tradition, and to
positively recognize her culture and worldview from her particular starting points.“970
Die Welt und sich selbst „mit der Brille des anderen sehen zu lernen“, den „Per-
spektivenwechsel einzuüben“, kann nach Martin Jäggle „sehr herausfordernd und
zugleich schmerzvoll sein“, allerdings stellt er die Frage, ob „Selbsterkenntnis und
Toleranz“ anders möglich sind.971 Die durch die Situation der Pluralität geforderte
Auseinandersetzung mit der eigenen und mit anderen religiösen Einstellungen und mit
der Differenz zwischen diesen kann dazu beitragen, sowohl über die eigene als auch
über andere Religionen etwas zu erfahren und sich weiterzuentwickeln. Dieser Pro-
zess wird dann ermöglicht, wenn religiöse Einstellungen erkennbar und offengelegt
werden und wenn die Bereitschaft gegeben ist, diese Einstellungen wahrzunehmen
und auf sie angemessen zu reagieren.
„Eine Begleitung der Kinder bei interreligiösen Begegnungen wird dann aber nicht nur
die Einsicht in die religiösen Vorstellungen der anderen einschließen – sie wird auch
967 Ebd., 7.
968 Ebd., 11.
969 Vgl. ebd.
970 Ebd., 10.
971 Jäggle, Martin (2006): Schritte auf dem Weg. In: Bastel, Heribert u. a. (Hg.): Das Gemein-
same entdecken – Das Unterscheidende anerkennen, 31–42, 42.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Title
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Subtitle
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Author
- Helena Stockinger
- Publisher
- Waxmann Verlag GmbH
- Location
- Münster
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Size
- 16.5 x 23.5 cm
- Pages
- 280
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279