Page - 148 - in Österreichisches Deutsch macht Schule - Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Image of the Page - 148 -
Text of the Page - 148 -
Also ich stimm dem schon: teilweise zu, weil ichs einfach so seh, dass sich die Deutschen
einfach mehr an das Geschriebene halten, für mich hörts sich halt so an. Und was die
F1 schon gesagt hat, dass die Österreicher einfach so daherreden und nicht wirklich auf
die Grammatik oder so etwas achten
… da hab ich halt bei den Deutschen schon mehr
das Gefühl, dass sie mehr – ähm – wirklich nach der Schrift so reden.3
In der Gruppendiskussion der LehrerInnen wurde das Ergebnis der Fragebogen-
erhebung, wonach für nur knapp 45 % der LehrerInnen das deutsche Deutsch
nicht korrekter als das österreichische Deutsch ist, ausführlich diskutiert.
Die Diskussion drehte sich primär um Erklärungsversuche dafür, warum
das österreichische Deutsch von vielen DeutschlehrerInnen und SchülerInnen
als nicht gleichwertig wahrgenommen wird. Durchgängig wurden ein „geringes
Selbstbewusstsein“, ein „Minderwertigkeitskomplex“, „a gewisse Unterwürfigkeit“
(F2) und mangelndes Nationalbewusstsein auf österreichischer Seite diagnostiziert.
Unterm Strich konnten anhand der gesammelten Bemerkungen Phänomene der
Asymmetrie zwischen der A- und D-Varietät festgestellt werden: „die (die Sprech-
erInnen des deutschen Deutsch) ham/ glauben sie ham das nicht nötig; wo wir
weniger ah Selbstbewusstsein haben“, wie eine Lehrerin (F8) meinte.
Um ein möglichst differenziertes Bild der vorhandenen Spracheinstellungen
zu erhalten, wurden sowohl die SchülerInnen als auch die LehrerInnen danach
gefragt, ob es ihrer Meinung nach ein besonders gutes Deutsch gebe und wo dieses
zu finden sei. Hier ergaben sich signifikante Unterschiede (p = 0,018): Während
32,1 % der SchülerInnen der Meinung waren, dass es ein besonders gutes Deutsch
gibt, war das nur bei 22,7 % der Lehrpersonen der Fall.
bb.46
bb. 47 1,2 14,9 39,8 44,1
6,9 26,4 34,8
31,9
0
10
20
30
40
50
sehr stark stark wenig gar nicht
Deutsche Deutsch korrekter? LehrerInnen/SchülerInnen (in %)
% LehrerInnen % SchülerInnen
32,1
22,7
67,9
77,3
0
20
40
60
80
100
SchülerInnen LehrerInnen
Gibt es Ihrer Meinung nach ein besonders gutes Deutsch? (in %)
ja nein
Abb. 46: Gibt es Ihrer Meinung nach ein besonders gutes Deutsch? (in %)
3 Kursivsetzungen dienen als Hervorhebung und verweisen auf im Textteil erwähnte inhalt-
liche Argumente.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO. KG, WIEN KÖLN WEIMAR
| Ergebnisse der empirischen Erhebung an
Schulen148
Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Title
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Subtitle
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Authors
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 266
- Keywords
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256