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Ich hab so das Bild vor mir von diesem GRÜNEN ÖSTERREICHISCHEN WÖRTER-
BUCH. Und i hab des dann, wie ich mich damit beschäftigt hab, verzweifelt gesucht. I
hab gehofft, dass i das nu net weggehaut hab, habs aber nicht mehr gefunden, zu mei-
nem Bedauern, ah,
[…] da die Lehrerin gesagt hat, das ist das (((langsamer, jedes Wort
betont)) ÖSTERreichische Wörterbuch. Das ist EUER Wörterbuch. Wir in Österreich
haben das Österreichische Wörterbuch
[…] ahm/ wenn i meine Identität beschreiben
würde als Österreicherin an Artefakten, dann ist es dieses grüne Wörterbuch
[…] (F3
nickte währenddessen heftig).4
F8 (0334) meinte daraufhin in einem Rückgriff auf den schulischen Kontext, dass
es wichtig sei, das österreichische Deutsch zu erhalten:
Und wos die SCHULE anbelangt, denk i ma, ist es ganz wichtig, a:h, diese österreichi-
sche Sprachvariante aufrechtzuerhalten und laut aufzuschreien, wenn a Schülerin oder
ein Schüler beim Referat Chirurg (((Schirurg)) sagt. Was passiert durch die vielen, ah:
„Synchronisationen“ (Zustimmung von F3 durch heftiges Nicken, „oder Schemie“).
6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen
gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen
und SchülerInnen
Zusammenfassend lässt sich über die Ergebnisse der Fragebogenerhebung zu den
Spracheinstellungen unter LehrerInnen und SchülerInnen Folgendes festhalten:
Zur Frage der Korrektheit des Standarddeutsch in Österreich erhielten wir
zunächst von der überwiegenden Mehrheit der Befragten die Antwort, sie hiel-
ten das österreichische Standarddeutsch für genauso korrekt wie das Stan-
darddeutsch in Deutschland. Eine ähnliche, jedoch in einem anderen Kontext
gestellte Kontrollfrage weiter unten im Fragebogen ergab ein abweichendes
Ergebnis: hier war der Prozentsatz der „sprachloyal“ eingestellten Befragten
deutlich geringer.
Durch die anschließend geführten Gruppendiskussionen wurde diese ambi-
valente und widersprüchliche Einstellung gegenüber der eigenen Varietät bestä-
tigt; als Erklärung dafür wurde unter anderem der auch in der Literatur immer
wieder erwähnte Minderwertigkeitskomplex der österreichischen SprecherIn-
nen genannt.
4 Sie nennt übrigens noch ein zweites identitäres Versatzstück der 1950er-/1960er- Jahre: „und
des zweite waren die Fahnderl, die ma in der Volksschule gemalt ham, und dann immer beim
Fenster an/ am Fensterbankl hinauf haben, ja. Das ist für mich, sozusagen, meine österreichi-
sche Sozialisation.“
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO. KG, WIEN KÖLN WEIMAR
| Ergebnisse der empirischen Erhebung an
Schulen162
Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Title
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Subtitle
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Authors
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 266
- Keywords
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256