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Man sollte, so der Ratschlag der Lehrerin, das ÖWB später im Curriculum noch
einmal anbieten. M1 (1423) erklärte:
I möchte nur wos ergänzen. Aso, i finds jetzt net wichtig, des […] im Gesetz festzu-
schreiben, aber ich würds SEHR wichtig finden, des in der Lehrerausbildung deutlich
zu machen, dass es ein österreichisches Deutsch gibt, (Kommentar F3: Hm. Reicht net.)
linguistisch fundiert.
[…] Es geht darum,
[…] wos die Lehrer unterrichten, wie die Leh-
rer unterrichten, und dass do a Bewusstsein für österreichisches Deutsch erzeugt wird.
F5 ergänzte (1433): „Net nur in der Lehrerausbildung, sondern auch in den Lehr-
plänen.“ Und F4 (1434): „Die ganzen Schulbücher gehörn umg’ändert.“
Auch die SchülerInnen wurden gefragt, ob „österreichisches Deutsch“ für sie
ein interessantes Thema sei.
73,1 % der SchülerInnen antworteten mit „Ja“. Auch das
spricht dafür, das österreichische Deutsch im Unterricht und Lehrmaterialien zu
thematisieren. Signifikante Unterschiede wurden hier nach den Muttersprachen
(p = 0,008) festgestellt. 75,1 % der SchülerInnen, die Deutsch als Muttersprache
haben, kreuzten an, das Thema „österreichisches Deutsch“ interessant zu finden.
Bei den SchülerInnen, die zweisprachig aufgewachsen sind, waren es nur 69,2 %,
bei jenen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, waren es 64,2 %.
6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
der empirischen Erhebung an den Schulen
22
Welche Rolle das österreichische Standarddeutsch in der Unterrichtspraxis über-
haupt spielt, sollte eine großangelegte Lehrer- Schüler- Befragung zeigen, nachdem
die Dokumentenanalyse ergeben hatte, dass das Themenfeld „österreichisches
Deutsch und standardsprachliche Variation“ in sämtlichen von uns untersuchten
unterrichtsrelevanten Grundlagendokumenten unterbelichtet ist.
Die Aspekte, um die es bei der Befragung an den Schulen primär ging, waren
die lehrer- und schülerseitigen Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deut-
schen bzw. deren Konzeptualisierungen, die Variantenpräferenz bei Austriazismen
und Deutschlandismen sowie das Normverständnis der Lehrkräfte. In diesem
Zusammenhang war unsere Fragebogenerhebung die erste Untersuchung, die
auf Basis von österreichweiten Befragungsdaten die Rolle des österreichischen
Deutsch in seiner Funktion als Bildungssprache praxisnah beleuchtet hat.
Die Ergebnisse zeigen, dass die LehrerInnen im Spannungsfeld von Dialekt,
Umgangssprache und Standarddeutsch mit Anforderungen konfrontiert sind,
22 Einen Überblick über Projektergebnisse bzw. die Analyse einzelne Aspekte finden sich auch
in de Cillia 2016a, b, 2018, de Cillia/Fink/Ransmayr 2017, Fink 2016, Fink/Ransmayr/de Cillia
2017, Ransmayr 2015, 2017, Ransmayr/Fink 2016.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO. KG, WIEN KÖLN WEIMAR
| Ergebnisse der empirischen Erhebung an
Schulen216
Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Title
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Subtitle
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Authors
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 266
- Keywords
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256