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396 KAPITEL4. FORSCHERLEBEN
hier kurz zusammenfassen möchte. Zuallererst denkt man bei einem Professor an seine
Tätigkeit als Lehrer der Studierenden.AndeutschenHochschulen unterscheidetman die
Grundlehre, die in riesigenHörsälenmit bis zu tausendSitzplätzendargebotenwird, von
derLehre indenSpezialfächernfürkleinereundüberschaubareStudentenzahlen. InDarm-
stadtwarenwirProfessorenalle anderGrundlehregleichmäßigbeteiligt. Sounterrichtete
auch ichmehrfacheinedervierGrundvorlesungen für Informatik samtÜbungenundPrü-
fungen,dievonvielenHundertenvonStudentenproSemesterdurchlaufenwerden.Das ist
neben einer inhaltlich gut vorbereiteten und didaktisch geeignet präsentiertenVorlesung
vor allem auch eine Aufgabe des professionell organisiertenManagements, was meinem
MitarbeiterstabuntermeinerLeitungoffenbar immer zurZufriedenheit aller gelungen ist.
Den guten Anklang dieser Vorlesungen möchte ich mit einer kleinen Anektode illu-
strieren. Anfang der 2000er Jahre passierte ich zusammenmit meiner Frau in unserem
Wohnort Erbach das dortige Schloß, an dem sich gerade eine Hochzeitsgesellschaft zum
Photo-shooting versammelt hatte. Plötzlich stürmte derBräutigamaufmichmit denbe-
grüßendenWorten zu: Herr Professor Bibel, ich war doch bei Ihnen in der Vorlesung!
VorFreudemich zu sehen vergaß er ganz seineBraut und begann vonmeiner damaligen
Vorlesung zu schwärmen, obwohl ich ihn leider nichtwiedererkannte.Dennwie sollte ich
mir die einzelnenGesichter von denTausenden von Studentenmerken, diemeineVorle-
sungen imLaufederJahrebesuchthatten,währenddieStudentenumgekehrtdasGesicht
des Professors viel leichter imKopf behalten, den sie monatelangmehrmals proWoche
stundenlang vor sich erleben konnten (oder mußten)?! Die Szene rührte mich sehr an,
denn aus seinenWorten sprach eine echt empfundeneVerehrung und dies amTag seiner
Hochzeit. Derartige Erlebnisse signalisiertenmir, daß die vonmir gehaltenenGrundvor-
lesungen bei den Studenten nicht wirklich schlecht angekommen sein konnten. Die auf
Studentenumfragen basierendenRankings deutscherUniversitäten brachten die Informa-
tik der TUD an vorderste Plätze, ein gemeinsam erzielter Erfolg, an dem ichmir einen
fairenAnteil zumessen kann.
Die für die höheren Semester vonmir angebotenen Spezialvorlesungenwaren Einfüh-
rung in die Intellektik I und II , Inferenzmethoden und Wissensrepräsentation , die
meine Fachexpertise widerspiegeln. Die beiden Teile der erstgenannten verschaffte den
Studenten einen Überblick über die Intellektik (bzw. die KI). Die beiden anderen sind
von mir ohne Vorbild neu erarbeitet worden und führten dann auch zu jeweils einem
daraus entstandenen Lehrbuch.232Aus diesen Spezialvorlesungen rekrutiertenwir in der
Regel die Studenten, die sich auf die von uns betriebenen Forschungen imRahmen von
232 WolfgangBibel,Deduktion AutomatisierungderLogik,OldenbourgVerlag,München, 269 Seiten,
1992 bzw.dessenenglischeFassung WolfgangBibel,Deduction:AutomatedLogic,AcademicPress,Lon-
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427