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Idealen der Nichtbeeinflussung des Interviewpartners nicht entsprechen wür-
de.287 Generell hat sich aber das Bewusstsein vom theoriegenerierenden Exper-
teninterview als genuin qualitative Methode durchgesetzt.288
In der CAOHT/EBAHT-Studie wurden Lehrer/innen als Expertinnen
und Experten für Unterricht und als Repräsentanten „ihrer Zunft“289 verstanden.
Indem mit den Interviews Überzeugungen erhoben werden sollten, zielten die-
se vor allem auf das ab, was Bogner u. a. als Deutungswissen bezeichnen – die
subjektiven Relevanzen, Sichtweisen, Interpretationen, Deutungen, Sinnentwür-
fe und Erklärungsmuster im Zusammenhang mit Geschichtsunterricht.290 Deu-
tungswissen umfasse ebenso normative Dispositionen, die Zielsetzungen der in-
terviewten Personen und ihre Bewertungen und kann daher nicht als rein
„sachliches“ Wissen bezeichnet werden.291 Der Begriff „Deutungswissen“, wel-
cher in der empirischen Sozialforschung im Zusammenhang mit Experteninter-
views benutzt wird, kommt dem, was in den Bildungswissenschaften unter
„Überzeugungen“ diskutiert wird, sehr nahe. Da Deutungsperspektiven (Über-
zeugungen), die in einzelnen Interviews erhoben werden, kollektiv geteilt wer-
den können, das heißt, dass sie innerhalb bestimmter Organisationen dominant
vorherrschen (vgl. dazu das, was oben bzgl. des Habitus ausgeführt wurde), war
es von Interesse, gerade diese geteilte, kollektive Dimension des Wissens zu er-
heben.292 Die Interviews zielten darauf ab, das Deutungswissen im Sinne von
Überzeugungen der Expertinnen und Experten zu erschließen, also jene Prinzi-
pien, Regeln und Werte zu identifizieren, die das Denken und Deuten der Leh-
rer/innen maßgeblich bestimmen.293
In den Interviews wurden methodologische Aspekte und Prinzipien quali-
tativer Forschung berücksichtigt, wie sie von Lamnek beschrieben wurden.294 So
hatten die Interviews den Charakter eines Alltagsgesprächs in der gewohnten
Umgebung295 der Lehrenden, insofern als sie in den Schulen durchgeführt wur-
den. Im Verlauf der Interviews wurde das Prinzip der Zurückhaltung durch den
Forscher befolgt, damit vor allem die befragten Personen zu Wort kommen kön-
287 Vgl. ebd., S.
3.
288 Vgl. ebd., S.
25.
289 Ebd., S.
78.
290 Vgl. ebd., S.
18 – 19.
291 Vgl. ebd., S.
19.
292 Vgl. ebd.
293 Vgl. ebd., S.
76.
294 Vgl. zu den folgenden Ausführungen Lamnek u. a., S. 320 – 321.
295 Vgl. ebd., S.
358.
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Von PISA nach Wien
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit Lehrkräften
- Titel
- Von PISA nach Wien
- Untertitel
- Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
- Autor
- Roland Bernhard
- Verlag
- WOCHENSCHAU Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7344-1234-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 284
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht – normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Überzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 Literaturübersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der Literaturübersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenÜberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der Literaturübersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. Abkürzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen für Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277