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was ich gemacht habe, so ungefähr. Also man hat das Gefühl gehabt, das
wird irgendwie so, wie soll man sagen, nicht so gut angesehen, was man bis jetzt
gemacht hat. Und gut ist nur, wenn die Schüler jetzt fünf Arbeitsblätter pro
Stunde haben und, weiß ich nicht, mit allen technischen Finessen da bom-
bardiert werden. Also es war so ein bisschen das Gefühl, den Unterricht, den ich
bis jetzt gemacht habe, der war eigentlich nicht gut.
I-A15_f: B: Ich glaube, das hatten manche Kolleginnen und Kollegen, ich
persönlich jetzt nicht, aber ich habe das schon genauso gehört. Ja. Bis jetzt
haben wir quasi nicht gut genug gearbeitet, jetzt müssen wir schauen, dass wir
endlich das Richtige machen. Ja, genau.
Diese Informationen aus den Interviews aufgreifend, wurde im Interview
N28_m, das in der Endphase der Datenerhebung durchgeführt wurde, mit einer
in der Lehrer/innenbildung tätigen Lehrperson die Abwehrhaltung gegenüber
Kompetenzen in manchen Kreisen besprochen. Dabei argumentiert N28_m in
eine ähnliche Richtung wie Lehrperson A11_f in dem oben angeführten Zitat
(„Ich glaube, es scheitert an dem Wort ganz einfach. Dieses Wort Kompetenz,
weil das überall auch drinnen ist“):
I-N28_m: I: Weil Sie ja die Kompetenz angesprochen haben: Es ist ja so,
dass sehr viele Lehrer, Geschichtslehrer vor allem – also ich weiß das von
Geschichtslehrern – eine große Abneigung haben gegen diesen Begriff
Kompetenzorientierung. Was glauben Sie, was da passiert ist?
B: Die Frage ist: Ist es der Begriff oder ist es der Inhalt?
Diese Frage scheint eine zentrale Frage zu sein. Auch die Ergebnisse der vorlie-
genden Studie
– insbesondere, wenn man die weiter unten referierten Ergebnis-
se hinsichtlich der epistemologischen Überzeugungen der Lehrpersonen in Be-
tracht zieht – deuten darauf hin, dass generell nicht der Inhalt der historischen
Kompetenzorientierung abgelehnt wird, sondern vielmehr der hochgradig auf-
geladene, aber dennoch irgendwie als unklar empfundene Begriff „Kompetenz“
mit den vielfältigen damit verbundenen Assoziationen.
4.3.4 Kompetenzen könnten das Wissen verdrängen
Ergebnis 4 – Befund 5: Zahlreiche Lehrpersonen sehen die Verdrängung von
inhaltlichem Faktenwissen durch die Kompetenzorientierung kritisch. Auch
wird die Sorge bekundet, dass in diesem Zusammenhang die mündliche Reife-
prüfung an Substanz verlieren würde.
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Buch Von PISA nach Wien - Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis"
Von PISA nach Wien
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit Lehrkräften
- Titel
- Von PISA nach Wien
- Untertitel
- Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
- Autor
- Roland Bernhard
- Verlag
- WOCHENSCHAU Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7344-1234-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 284
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht – normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Überzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 Literaturübersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der Literaturübersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenÜberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der Literaturübersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. Abkürzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen für Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277