Seite - 120 - in Von PISA nach Wien - Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Bild der Seite - 120 -
Text der Seite - 120 -
120
jetzt vorige Woche, wir gehen zum Schülertag vom Bundespräsidenten, weil da
haben sie meiner Meinung nach mehr davon als ja/.
Lehrperson A22_m, die Kompetenzorientierung befürwortet, befürchtet in die-
sem Zusammenhang, dass durch das fehlende Wissen, welches ihrer Ansicht
nach aus der mangelnden Aus- und Fortbildung resultiert, sogar das Prinzip der
Kompetenzorientierung an sich im Schulsystem scheitern könnte:
I-A22_m: Deswegen [weil die Matura nun kompetenzorientiert zu gestalten
ist] sind wir zu Fortbildungen gegangen oder geschickt worden. Und jetzt ist das
Ganze so ein bisschen eingeschlafen habe ich das Gefühl. Also ich höre das
von den PHs, dass die Fortbildungen reihenweise abgesagt werden […]. Das ist
alles eingeschlafen und de facto schleichend wieder einfach das alte System
sich massiv wieder zeigt. Und nach ein paar Jahren kräht vielleicht gar niemand
mehr nach Kompetenzorientierung.
Ergebnis 1 – Befund 2: In den gesamten Interviews wurde der Begriff „histori-
sches Denken“ von keiner Lehrperson erwähnt.
Der Kern des dem österreichischen Lehrplan zugrunde liegenden Kompetenz-
modells (FUER Geschichtsbewusstsein) besteht – wie in Kapitel 2.1 ausge-
führt – in „Kompetenzen historischen Denkens“. Obwohl der Begriff „histori-
sches Denken“ im Lehrplan 2008 noch nicht anzutreffen war, beruht der ganze
Überbau des Lehrplans auf der Theorie des historischen Denkens. Daher ist es
ein bemerkenswerter Befund, dass in diesem Zusammenhang der Begriff „histo-
risches Denken“ in den Interviews nicht gefallen ist.373
Ergebnis 1
– Befund 3: Fachspezifische Kompetenzen nach dem Lehrplan 2008
wurden in den Interviews von den Lehrpersonen äußerst selten angesprochen.
In den Interviews wurde vom Interviewer wiederholt mit der Frage nach „Kom-
petenzen, die im Geschichtsunterricht wichtig sind“ versucht, das Interview in
Richtung Fachspezifität zu lenken. Dennoch wurden die im Lehrplan angeführ-
ten fachspezifischen Kompetenzbereiche nur äußerst selten erwähnt. Dahinge-
gen wurden fachunspezifische Kompetenzen in den Interviews sehr stark be-
sprochen.
Für die nun folgende Auswertung wurden alle Interviewstellen, in denen
Lehrer/innen verschiedene Kompetenzen erwähnten, mit „verschiedene Kom-
373 Für den Begriff „Denken“ gibt es in den Interviewtranskripten 191 Fundstellen.
zurück zum
Buch Von PISA nach Wien - Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis"
Von PISA nach Wien
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit Lehrkräften
- Titel
- Von PISA nach Wien
- Untertitel
- Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
- Autor
- Roland Bernhard
- Verlag
- WOCHENSCHAU Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7344-1234-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 284
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht – normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Überzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 Literaturübersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der Literaturübersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenÜberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der Literaturübersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. Abkürzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen für Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277